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Kino

Oscar-Analyse: Bong Upon a Time in Hollywood

"Parasite" war der große Gewinner der 92. Academy Awards. Warum der Triumph wegweisend ist, argumentieren wir in unserer Analyse des Abends.

Thomas Schultze10.02.2020 10:02
Spike Lee (in Koby Bryants Farben) überreicht Bong Joon-ho den Regie-Oscar
Spike Lee (in Koby Bryants Farben) überreicht Bong Joon-ho den Regie-Oscar Blaine Ohigashi / ©A.M.P.A.S.

Schon wieder hat Bong Joon-ho Geschichte geschrieben. 2017 war der südkoreanische Regisseur der erste Filmemacher gewesen, der mit einer Netflix-Produktion im Wettbewerb des Festival de Cannes um eine Goldene Palme kämpfte. Drei Jahre später ist ihm mit seinem Folgefilm, der fürs Kino entstand und schon in Cannes, wo seine Laufbahn begann, die Goldene Palme gewonnen hatte, das Unfassbare gelungen. "Parasite" ist der erste nicht englischsprachige Film in der 92-jährigen Geschichte der Academy Awards, der den Oscar als bester Film gewinnen konnte - "The Artist", der Gewinner von 2011, war zwar eine französische Produktion, der eine Satz, der im Film gesprochen wird, ist indes auf Englisch. Dabei war die bissige Sozialparabel, die Züge klassischer Ealing-Komödien und der Arbeiten der Coen-Brüder trägt, aber doch ganz eigen und originell und unverkennbar ein Film von Bong Joon-ho ist, bestenfalls ein Geheimfavorit gewesen in einem Oscarrennen, das Auf und Ab wogte wie schon lange nicht mehr, und in dem fast wöchentlich die vermeintlichen Topanwärter auf den wichtigsten Preis der amerikanischen Filmindustrie wechselten. Teil der Konversation war "Parasite" indes immer gewesen, zunächst hinter vorgehaltener Hand, als der Film Cannes gewann und Anfang September seine fulminante Amerikapremiere in Toronto feierte. Als Bong Joon-hos Film in den kommenden Wochen sowohl von den Filmkritikern in New York wie Los Angeles zum besten Film des Jahres erklärt wurde und der Film in den US-Kinos, von Verleih NEON liebevoll umhegt wie ein zartes Pflänzchen, eine regelrechte Woge der Begeisterung auslöste, da begannen erstmals ernsthafte Gedankenspiele, ob für "Gisaengchung", so der Originaltitel, am 9. Februar 2020 nicht vielleicht mehr drin sein könnte als nur der Gewinn des Oscars für den besten internationalen Film, eine Auszeichnung, die niemals wirklich in Frage gestellt wurde (trotz so wunderbarer Konkurrenten wie "Leid und Herrlichkeit" oder "Die Wütenden - Les misérables").

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