Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: War es sehr schwierig, die Atmosphäre der Fünfziger-Jahre-Filme nachzugestalten?

TH: Eigentlich mache ich das in jedem meiner Filme, sie spielen alle nach bestimmten ästhetischen und historischen Regeln. Für mich ist das das Aufregendste am Filmemachen. In "[Velvet Goldmine](/movie/velvet-goldmine)" etwa hat sich die Kamera nur so bewegt, wie ich es von Filmen aus der Zeit der siebziger Jahre kenne. Ich glaube, jeder kreative Mensch liebt diese Beschränkungen, sie motivieren sogar die Kreativität. Heute, wo man alle Möglichkeiten hat, am Computer, am Schneidetisch, ist der Mangel an Beschränkung ermüdend. Es ist schwierig, eine Position zu formulieren, wenn alles sofort zu haben ist.

BF: Was hat Sie besonders am Vorbild Sirk beeindruckt?

TH: Ich habe mir Beleuchtung, Kameraarbeit und die ökonomische, wunderbare Erzählweise von Douglas Sirk angesehen. Die Farbpalette ist unglaublich. Wir hatten stundenlange Meetings nur über Farben. Heute sind alle in der Vergangenheit angesiedelten Filme mit einem warmen, goldenen Scotch-Schimmer überzogen, oder alle Thriller sind blau mit nebeltrübem Licht, das durch die Fenster scheint. Sieht man sich "[Was der Himmel erlaubt](/movie/was-der-himmel-erlaubt)" von Sirk an, hat jede Szene eine eigene komplementäre Farbpalette, warm und kalt, in traurigen Szenen mögen kühle Farben überwiegen, aber es gibt auch warme Töne, die Glanzlichter setzen und echte Gefühle produzieren. Das ist vielschichtig und wunderschön.

BF: Wie kamen Sie auf die Idee?

TH: Es ist ein radikales Experiment, diesen Genrekonventionen zu folgen, denn heute nähern sich die Menschen den Fünfzigern mit Überheblichkeit: Wir sind doch viel progressiver, wenn es um Sexualität geht, glauben wir, und lachen über die alten Filme. Man denkt, sie seien naiv und dumm. Das stimmt nicht. Heutige Filme sind die dummen Filme.

"Die Finanzierung war sehr schwierig"

BF: Wie schätzen Sie die kommerziellen Chancen ein?

TH: "Dem Himmel so fern" ist mein einziger Film, der auch auf einem populären Level funktionieren könnte. Aber er hat auch viele andere Lesarten. Das trifft auf viele meiner liebsten Hollywoodfilme zu, z.B. die von [Hitchcock](/person/alfred-hitchcock) und [Wilder](/person/gene-wilder), die populär waren und doch so viel beinhalteten, dass sie heute noch brillant wirken. Bei "Dem Himmel so fern" soll die emotionale Ebene hän-gen bleiben und die Verfremdung des Stils nicht das Einzige sein, was man mitnimmt.

BF: Bei der Produktion wirkten [Steven Soderberghs](/person/steven-soderbergh) und [George Clooneys](/person/george-clooney) Section Eight und Ihre Stammproduzentin [Christine Vachon](/person/christine-vachon) mit. Wie war die Zusammenarbeit?

TH: Die Finanzierung war sehr schwierig, wechselte ständig, von USA Films zu Focus. Man wollte nicht so viel ausgeben, war nervös, das sei ein riskanter Film, schon allein, weil eine Frau die Hauptfigur ist. Steven Soderbergh war wunderbar. Er war es, der mich ansprach. Er hatte gehört, dass ich einen ähnlichen Film machen wollte, wie er es selbst einmal vorgehabt hatte. Er war sehr engagiert, obwohl er fünf Filme in der Zeit betreut hat, in der unser Film fertig gestellt wurde. Als wir über die Besetzung nachdachten, dachte ich auch an George Clooney, doch Steven winkte ab, für so etwas wäre er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bereit. Und mit Christine Vachon werde ich weiter zusammenarbeiten, sie ist eine enge Freundin, wir vertrauen uns.

Todd Haynes zu "Dem Himmel so fern": "Heutige Filme sind die dummen Filme"