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Kino

Christoph Ott und Claudia Pöpsel über ein Jahr Ottfilm

Seit über einem Jahr ist Ottfilm aktiv auf dem deutschen Verleihmarkt tätig. Geschäftsführer Christoph Ott und Claudia Pöpsel (Akquistion/Development) ziehen im Blickpunkt:Film-Gespräch ein erstes Resümee und geben einen Ausblick auf 2003.

tb, uh09.01.2003 15:53
Christoph Ott
Christoph Ott

Blickpunkt:Film: Gut ein Jahr Ottfilm - sind Sie zufrieden mit der Geschäftsentwicklung?

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Christoph Ott: Wir sind Mitte Oktober 2001 mit "Nichts bereuen" gestartet - und dieser Titel ist nach wie vor programmatisch für uns: Wir haben bislang nichts bereut. Es war spannend, aufregend und hat viel Spaß gemacht. Die schönste Erfahrung des vergangenen Jahres war, dass die Kinobesitzer 100-prozentig hinter uns stehen und uns eine Chance gegeben haben. Natürlich gab es auch Filme, bei denen wir nicht konsequent genug waren, wie "Fickende Fische". Wir hätten den Titel ändern müssen, was uns mit Sicherheit 50.000 Zuschauer mehr gebracht hätte. Jetzt sind wir bei 70.000 gelandet, womit wir aber durchaus zufrieden sind.

BF: Wie suchen Sie Ihre Filme - speziell das deutsche Produkt - aus?

Claudia Pöpsel: Tatsächlich ist die Nachfrage seitens der deutschen Produzenten nach einem engagierten Verleih enorm groß. Als wir hier angefangen haben, kamen wahre Projektfluten auf uns zu. Insgesamt beteiligen wir uns durchaus schon in der Entwicklungsphase an Projekten. Wir lesen Drehbücher und steigen noch vor der Produktion ein. Doch das ist naturgemäß ein längerer Prozess - die ersten Früchte dieser Arbeit wird man jedoch erst im Laufe dieses Jahres sehen.

CO: Zunächst muss ich feststellen, dass wir nicht für jeden zweiten deutschen Film einen Letter of Intend unterschrieben haben. Unsere Filme sind einzeln ausgesucht, wir arbeiten nicht mit Output-Deals. Wir suchen eine Mischung aus verschiedenen Genres: Das beginnt bei "Poem" dem ersten Kinofilm von Ralf Schmerberg, geht über "Mein letzter Film" von Oliver Hirschbiegel bis zu "Blueprint" von Rolf Schübel mit Franka Potente in der Hauptrolle, den wir im Herbst mit UIP ins Kino bringen wollen. Im ersten Jahr haben wir vieles ausprobiert, und mit "Bella Martha" auch unseren ersten großen Erfolg erzielt, ein Film, der auf dem Markt war, schon eine längere Festivalkarriere hinter sich hatte und den wir letztendlich zur richtigen Zeit ins Kino gebracht haben.

BF: Sind Sie enttäuscht, dass "Bella Martha" nicht für die Oscar-Nominierung vorgeschlagen wurde?

CO: Natürlich freuen wir uns auch für Caroline Link und den Nominierungsvorschlag für "Nirgendwo in Afrika". Aber unter dem Aspekt, wie erfolgreich "Bella Martha" in den USA gelaufen ist, hätte man vielleicht doch diesem Film den Vorzug geben sollen. Der Major Paramount hat fünf Mio. Dollar Boxoffice erreicht und wäre bereit gewesen, eine Oscar-Kampagne zu starten, was die Chancen auf eine Nominierung enorm erhöht hätte.

BF: Ottfilm bringt auch für andere Lizenzhändler Filme ins Kino. Welche Philosophie steht da dahinter?

CO: Wir arbeiten in verschiedenen Schienen: Klassisch, wenn wir die Rechte kau-fen bzw. uns an der Produktion beteili-gen, wie bei "Blueprint" und unserer Teenie-Komödie aus Deutschland, "Triff Deinen Star!". Dann kooperieren wir mit Lizenzhändlern, die keinen "Inhouse Filmvertrieb" haben - aktuell bringen wir im April "Things You Can Tell Just by Looking at Her" ins Kino, ein Film-Juwel mit Cameron Diaz, Holly Hunter, Glenn Close und Calista Flockhart.

Investoren für Firma und Filmpakte

BF: Und wie finanziert Ottfilm das Ganze?

CO: Wir haben Investoren, die in die Filme investieren, ohne an Ottfilm beteiligt zu sein. Derzeit ist es einfacher, eine Investment für die Herausbringung eines Films/-pakets zu bekommen als für die Finanzierung einer Firmenstruktur. Insgesamt gilt nach wie vor: Es gibt Geld in Deutschland und es gibt Vertrauen. Man muss die Investoren nur überzeugen und eine schlanke Struktur haben. Doch das Allerwichtigste sind die Menschen, mit denen ich jeden Tag arbeiten darf. Ich kann mich glücklich schätzen, ein super Team zu haben, auf das ich stolz bin.

BF: Wie schwierig sehen Sie Ihre Arbeit?

CP: Es gibt leider wenige Filme im mainstreamigen Arthouse-Unterhaltungsbereich, die richtig gut funktionieren. Da fehlt des öfteren der Verlass auf die deutsche Presse, die für die Herausbringung derartiger Ware enorm wichtig ist, weil diese Zielgruppe sich ja in der Zeitung informiert. Die Presse geht mit Filmen aus dem Ausland viel gnädiger um.

CO: Dabei beobachten wir beim Publikum eine Lust auf nicht-amerikanische, auf deutsche und europäische Filme, wie auch das letzte Jahr zeigt: "Elling", "Gosford Park", "8 Frauen", "Sprich mit ihr" sowie "Der Mann ohne Vergangenheit" sind nur einige der erfolgreichen europäischen Filme.

BF: Ein Ausblick auf 2003.

CO: Wir haben eine Mischung aus sehr schönen, anspruchsvollen Filmen und auch die ersten größeren Projekte. 2003 ist in den USA das Jahr des Blues - unser Programm umfasst sieben Filme, die wir als "Blues-Festival" in diesem Sommer mit dem Filmwelt Verleih durch Kinos touren lassen. Die Regisseure der Filme sind u.a. Martin Scorsese, Mike Figgis, Clint Eastwood und Wim Wenders. Peter Sehrs "Love the Hard Way" kommt Ende März ebenfalls über den Filmwelt Verleih in die Kinos. Franka Potente überzeugt in "Blueprint", dem neuen Film von Rolf Schübel, den wir mit UIP im zweiten Halbjahr starten. Wir haben mit UIP noch drei weitere hochinteressante Filme in der Planung - doch das verraten wir erst bei der UIP Tradeshow am Freitag, 17. Januar, in München.

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