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Blickpunkt:Film: Einmal abgesehen vom Offensichtlichen: Worum geht es in Ihrem Film?


Ivan Reitman: Auf den ersten Blick ist "Evolution" eine unterhaltsame Science-Fiction-Komödie über die Invasion eines außerirdischen Organismus. Es gibt allerdings keine Raumschiffe, Männchen mit Antennen auf dem Kopf oder absurde Strahlenwaffen. Die Bedrohung ist subtiler und schleichender. Ich würde sagen, das kann man als Metapher für den Ursprung komplexer Probleme, speziell auf ökologischem Gebiet, deuten. Zunächst glaubt man noch, alles sei in Ordnung, doch dann gerät die Situation mit einem Schlag außer Kontrolle. Ich will dieses Thema nicht aufbauschen, muss aber sagen, dass es mich beschäftigt hat.


"Ich will lediglich, dass das Publikum Spaß hat"


BF: Warum haben Sie die Thematik in Komödienform verpackt?


IR: Das ist die Sprache, die ich beherrsche. Wenn Sie meine Arbeit genau verfolgen, dann werden Sie entdecken, dass all meine Filme dieses doppelbödige Element besitzen und sich hinter der bloßen Unterhaltung durchaus auch ein ernstes Anliegen versteckt. In "Evolution" finden Sie beispielsweise die Freundschaft zwischen einem Weißen und einem Schwarzen, die genauer beobachtet ist, als das in den meisten Mainstreamfilmen der Fall ist. Überhaupt sind die Figuren liebevoll und reichhaltig gezeichnet. Mir gefällt es, wie die Dinge in "Evolution" ineinander greifen.


BF: Auffällig ist, wie Sie den gesamten Film über eine sexuelle Spannung aufrecht erhalten: Die Menschen sind so sehr beschäftigt, über Sex zu reden, dass sie keine Zeit für den eigentlichen Akt haben, während sie von einem Organismus bedroht werden, der sich fortpflanzt, ohne Sex haben zu müssen.


IR: In der Tat. Viele meiner Komödien haben Sex, oder besser: aus Sex resultierende Komplikationen als Thema. Komödien funktionieren dann besonders gut, wenn ihnen eine wichtige menschliche Problematik zugrunde liegt. Und Sex ist das menschlichste aller Probleme.


BF: Im Vorfeld wurde geschrieben, Sie würden mit "Evolution" auf "Ghostbusters"-Territorium zurückkehren. Tatsächlich greifen Sie Motive auf, die Sie in frühen Filme wie "Meatballs" oder "Ich glaub mich knutscht ein Elch" thematisierten: Außenseiter vs. Establishment, Misstrauen gegenüber Autoritäten etc.


IR: Ich glaube, ich bin bei "Evolution" nicht ganz so offensichtlich wie bei meinen Institutions-Filmen. Ich habe mich auch nicht bewusst wieder dieser Themen angenommen. Wenn ich mich für einen neuen Filmstoff entscheide, spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Meistens ist es so, dass ich an zwei oder drei Drehbüchern gleichzeitig arbeite und hoffe, dass ich an den Punkt komme, an dem ich mich so in ein Projekt verliebe, dass ich zwei Jahre meines Lebens darin investieren will.


BF: Sie haben sich diesmal Zeit gelassen. "[Sechs Tage, sieben Nächte](/movie/sechs-tage-sieben-naechte)" entstand bereits 1998.


IR: Ich war nicht untätig. Ich war eine Weile damit beschäftigt, meine neue Produktionsfirma, The Montecito Film Company, flott zu machen. Ursprünglich war "Evolution" als Thriller angelegt gewesen. Das damalige Drehbuch fand ich nicht so toll, aber die Grundidee gefiel mir. Nach acht Monaten hatten wir den Stoff zur Komödie umgearbeitet. Und damit fühlte ich mich wohl. Deshalb erhielt "Evolution" den Vorzug vor den beiden anderen Projekten, an denen ich gearbeitet habe und die persönlicher gewesen wären.


BF: Haben Sie sich spezielle Ziele für die Montecito Film Company gesetzt?


IR: Ich will Filme drehen und hoffe, dass bei einigen ein bisschen Profit herausspringt. Tom Pollock, mein ehemaliger Anwalt, ist Präsident der Firma. Wir standen kurz vor einem Abschluss mit Polygram, doch da ging die Company über den Jordan und mit ihnen unser Deal. Jetzt sind wir bei Dreamworks. Bisher bin ich zufrieden: "[Road Trip](/movie/road-trip)", den ich produziert habe, war sehr erfolgreich. Und gerade haben wir "[Killing Me Softly](/movie/killing-me-softly)" mit [Chen Kaige](/person/chen-kaige) als Regisseur in London abgedreht.


BF: Mit einigen Gags zielen Sie kräftig unter die Gürtellinie. Ist das eine Konzession an den gängigen Publikumsgeschmack?


IR: Diese Frage stellt man mir seit 25 Jahren. Die Antwort ist: Nein. Ich finde "Evolution" nicht sehr derb. Eher das Gegenteil, auch wenn manche Gags derb sind. Kein Genre ist stärker von Zeiteinflüssen abhängig als die Komödie. Man muss ein gutes Gespür haben, was das Publikum zum Lachen bringt. Entsprechend muss man reagieren. Es gibt nichts Schlimmeres als eine Komödie, über die niemand lacht. Unter Druck gesetzt fühle ich mich davon allerdings nicht. Ich will lediglich, dass das Publikum seinen Spaß hat. Das ist mein Job.

Komödienspezialist Ivan Reitman zu "Evolution"