Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Sie haben bisher vor allem Musikvideos gedreht. Was gab den Anstoß für diesen Kinofilm?


Esther Gronenborn: Es begann mit einem Musikvideo über Gewalt an Schulen. Dafür bin ich streetcasten gegangen in dem Berliner Viertel, in dem wir dann letztendlich auch "alaska. de" gedreht haben. Ich hatte da zwei Cliquen kennen gelernt, mit denen ich auch weiter gearbeitet habe - und da ist die Filmidee entstanden.


BF: Sie haben die Geschichte mit den Jugendlichen entwickelt?


EG: Nein, nicht so direkt. Aber das Tolle ist, dass man bei dieser Arbeit an den Musikvideos, die ja vornehmlich für ein jugendliches Publikum gemacht sind, sehr schnell ein Feedback kriegt. Wenn man sie auf der Straße anspricht und ihnen sagt, dass man jemanden für ein Musikvideo sucht, fragen sie gleich zurück, worum es geht und was man gemacht hat und halten ihre Meinung nicht zurück. Da ist man dann sehr nah am Geschehen.


BF: Die Bildersprache der Clipästhetik haben Sie auch ansatzweise in den Filmen mitgenommen - gezielt auf das jugendliche Publikum hin?


EG: Ich habe mich ganz bewusst an die Arbeit, die ich vorher gemacht habe, angelehnt. Ich glaube, dass es für Jugendliche eine ganz normale Erzählweise ist. Mit meinem Kameramann  habe ich mich für eine expressionistische und weniger realistische Erzählweise entschieden, um auch einen gewissen distanzierenden Blick auf die Geschichte zu haben. Fremdheit und Distanz sind auch Themen des Films. Bei meiner Arbeit mit den Jugendlichen habe ich bei ihnen eine totale Unfähigkeit, Gefühle zu äußern, festgestellt. Es war nicht einfach, die Darsteller aufzubrechen, sodass sie ihren emotionalen Pool entdecken und dann einfach anwenden konnten: Wie fühlt sich zum Beispiel Trauer an, wie Liebe?


BF: Ihre Filmbilder wirken fast monochrom stilisierend - haben Sie auf Film und Video gedreht?


EG: Ja, ich habe 16 Millimeter und Video gemischt, dann alles auf Video gebracht und Blow-up auf CinemaScope. Wir wollten diesen bestimmten Look mit den relativ monochromen Farben haben, und diesen Prozess im Kopierwerk herzustellen, ist einfach nicht bezahlbar. Auch wollten wir die Technik beim Drehen so klein wie möglich halten. Die 16-Millimeter-Kamera ist sehr beweglich, wir haben viel mit Naturlicht gedreht, wollten möglichst viel Freiheit, auch für die Darsteller, haben - ein bisschen Dogma.


BF: In einer Szene des Films sucht Sabine die Andy-Warhol-Straße. Eine kleine Hommage an den großen Meister?


EG: Ja, das auch. Aber ich habe immer so ein bisschen an die Factory-Arbeit denken müssen bei meiner Arbeit an dem Film, vor allem während der Vorbereitung. Andy Warhol - ich fand das sehr passend, denn die Ideale aus dieser Generation der sechziger Jahre, die Gedanken meiner Eltern sind so weit weg. Das ist alles so versunken, funktioniert nicht mehr, hat sich erledigt mit der historischen Entwicklung. Traurig.


BF: "alaska.de" ist Ihr erster Spielfilm - war Kino immer schon ihr Ziel?


EG: Für mich ist es sehr wichtig, etwas zu erzählen. Ich habe ja an der Münchner Filmhochschule HFF Dokumentarfilm studiert und kurze dokumentarische Filme gedreht. Nach dem Abschluss hat sich einfach kein Spielfilmprojekt ergeben, nichts, bei dem ich das Gefühl hatte, das muss ich jetzt machen. Das ist nun bei "alaska.de" das erste Mal passiert.


BF: Wie lange hat es bei "alaska.de" von der Idee bis zum Film gedauert?


EG: Zweieinhalb Jahre insgesamt. Mit Shorts Production, mit denen ich schon bei meinen Videos zusammengearbeitet habe, habe ich die Idee nach dem Clip über Gewalt an der Schulen Schritt für Schritt weiterentwickelt, ein Treatment geschrieben und dann natürlich einen Filmproduzenten gesucht, denn Shorts ist eine Video-Firma. Witzigerweise bekam ich zu dem Zeitpunkt ein Drehbuch von Bioskop-Film zugeschickt, ob ich das nicht machen wollte. Da bin ich hin und habe gesagt, dass ich lieber meinen eigenen Stoff machen würde. Und sie haben zugestimmt.


BF: Wie hoch war das Budget?


EG: Ich denke, kalkuliert hatten wir 1,8 Mio. Mark, aber es sind wohl zwei Mio. Mark geworden. Wir hatten Drehbuchförderung aus Baden-Württemberg, Projekt-Vorbereitungs-Förderung von Brandenburg - was uns bei der intensiven Vorbereitungsphase mit den Darstellern sehr geholfen hat - und koproduzierten mit  und .

Regisseurin Esther Gronenborn zu "alaska.de'