Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie hoch war das Budget?

Thomas Wilkening: Der Film hat 11,5 Mio. Mark gekostet. Das sieht man dem Film auch an. Wenn ich ihn mit "[Marlene](/movie/marlene_0)" vergleiche, der 18 Mio. gekostet haben soll, dann wirkt unser Film nicht billiger.

BF: Der Film wurde von der Schweiz und Österreich mitfinanziert. War dies mit deutschen Geldern allein nicht möglich?

TW: Einerseits war dieser Schritt notwendig, um auf die Höhe des Budgets zu kommen. Andererseits hat sich das Projekt zu einer natürlichen Koproduktion entwickelt. Wir hatten durch unseren Schweizer Regisseur die günstige Voraussetzung, die Schweiz finanziell mit einbinden zu können. Und wir haben lange überlegt, ob wir mit Schweden oder Österreich koproduzieren sollen, und haben intensiv in beiden Län-dern Drehorte recherchiert. Doch die Schweden hätten dafür eine größere artistische Beteiligung und ein Mitspracherecht gefordert. Wir hatten jedoch größtenteils schon besetzt. Deshalb funktionierte das nicht.

BF: Wie kam es zum Engagement von [Xavier Koller](/person/xavier-koller)?

TW: Eine sehr wichtige Voraussetzung für den Film war, dass der Regisseur die Fähigkeit besitzen musste, sehr emotional erzählen zu können. Das war bei Xavier Koller gegeben. Zweitens hat er selbst eine Schauspielausbildung genossen, und unser Film ist zweifellos ein Schauspielerfilm. Des Weiteren hatte Koller damals gerade eine historische Verfilmung für Disney übernommen, und somit war klar, dass er in der Lage ist, auch größere Budgets zu bewegen. Schließlich fand ich den Gedanken, jemanden zu nehmen, der nicht Deutscher ist, angesichts des schwierigen Themas sehr sympathisch. Ein Deutscher hätte vielleicht eine gewisse Befangenheit mitgebracht, und dem wollten wir entgehen.

BF: "Gripsholm" ist seit letztem Jahr abgedreht, kommt aber erst jetzt in die Kinos. Woran lag es?

TW: Es gab Verzögerungen bei der Montage. Wir haben uns Zeit gelassen, was u.a. daran lag, dass der in den USA lebende Koller nach einem halbjährigen Europaaufenthalt seine Familie wiedersehen wollte. Wir haben zudem den Kinostart bewusst einen Monat verschoben, um nicht in direkte Konkurrenz mit "Der Krieger und die Kaiserin" zu geraten. Das war eher taktisches Kalkül. Dann haben wir aus Marketingtechnischen Gründen nochmals verschoben, um bessere Präsentationstermine für unsere Darsteller in den Medien zu bekommen.

BF: Sie gelten als Produzent von so genannten besonderen Filmen. "Gripsholm" ist Ihr bis dato größtes Projekt.

TW: Heute sind die Möglichkeiten als unabhängiger Produzent enorm. Man muss sich nicht festlegen, hat die Chance auf Vielfalt, und ich hoffe, dass "Gripsholm" auch ein besonderer Film ist. Klar, dass bei diesem Budget stärker auf die Masse eingegangen werden muss und der Film evtl. an Individualität verliert. Aber letztlich spiegelt das nur die Entwicklung des deutschen Films wider.

BF: Was meinen Sie damit?

TW: Anfang der neunziger Jahre war das Filmgeschäft noch stärker auf den Autorenfilm ausgelegt. Die erste Befreiung davon geschah Mitte der Neunziger. Zu dieser Zeit begann ich mit den Vorbereitungen für "Gripsholm". Die Entscheidung zur Umorientierung war eine Zäsur in meiner Karriere. Ich war an einem Punkt angelangt, an dem ich fünf Mio. Mark Fördergeld, auf mehrere Projekte verteilt, zusammenhatte und mir klar wurde, dass daraus kein adäquater Film herauskommen würde. Und ich wollte auch nicht mehr auf Drehbuchangebote warten, sondern Projektentwicklungen angehen, mit Stoffen, an die ich glaube.

BF: Wie kamen Sie mit Verleiher und Koproduzent Kinowelt zurecht?

TW: Ich bin zu Kinowelt gegangen, weil ich fand, dass man beim "[Englischen Patient](/movie/der-englische-patient)" hervorragende Marketingarbeit geleistet hat. Bei einem Film also, der Ähnlichkeiten mit "Gripsholm" aufweist. Das war der hauptsächliche Auslöser für meine Wahl. Bei der eigentlichen Produktionsdurchführung wurde ich hauptsächlich von [Ulrich Limmer](/person/prof-ulrich-limmer) betreut, der das sehr professionell gemacht hat. Beim Final Cut hat man mir freie Hand gelassen und dennoch versucht, mir mit Rat und Tat zur Seite zu stehen. Ich war und bin sehr zufrieden.

BF: Welche Chancen rechnen Sie sich mit "Gripsholm" an der Kinokasse aus?

TW: Wir starten mit 150 Kopien. "[Aimée & Jaguar](/movie/aimee-und-jaguar)" hat es auf 1,2 Mio. und "[Kalt ist der Abendhauch](/movie/kalt-ist-der-abendhauch)" bei gleicher Kopienzahl auf gut 300.000 Besucher gebracht. Irgendwo dazwischen sollten wir schon liegen. Aber in unserer schnelllebigen Zeit ist es schwer zu beurteilen, was die Gesellschaft annimmt und was nicht.

Produzent Thomas Wilkening zu "Gripsholm"