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Film

Langweiliger Wettbewerb in Venedig enttäuschte

Träge dümpelte der Wettbewerb der Film-Biennale 2000dahin, die interessantesten Beiträge liefen in Nebenreihen. Für Glamour sorgten nur die Hollywood-Stars, die für ihre Filme "außer Konkurrenz" die Werbetrommel rührten.

Jochen Müller13.09.2000 22:00
Alberto Barbera
Alberto Barbera

"Warum haben Sie so furchtbar langweilige Filme für den Wettbewerb ausgewählt?" Eine befriedigende Antwort auf diese Frage in der Abschlusspressekonferenz blieb Festivalchef Alberto Barbera schuldig. Nicht nur das Programm, auch die Preise lösten Irritationen aus, obwohl der Jury unter Milos Forman kaum andere Alternativen geboten wurden. So gilt der "Goldene Löwe" für Jafar Panahis erschütternd-realistischen Blick in "The Circle" (Dayereh) auf die Unterdrückung der Fraenu im Iran wohl mehr dem engagierten Inhalt als der künstlerischen Form. In die Kategorie "sozialpädagogisch wertvoll" gehört auch die mit dem Spezialpreis für Regie ausgezeichnete Parabel über Ungerechtigkeit und Intoleranz, "Uttara" des Inders Buddhadeb Dasgupta. Die Tendenz, vor allem Inhalte zu werten und cineastische Qualitäten zu vernachlässigen, zeugt zwar von politischer Wachheit, schadet aber dem Image von Europas ältestem Filmfestival, das sich seit Jahren nur schwer gegen Cannes und Berlin behaupten kann. Barbera sieht es als Aufgabe, "auch unbekannten Regisseuren eine Chance zu geben". Dieses Argument ist honorig, sollte aber nicht ausschlaggebend sein. Der Wettbewerb driftete auseinander in ehrenwerte gesellschaftskritische Filme von formaler Schlichtheit und Filme, deren verführerische Bilder die inhaltliche Leere kaum verdecken konnten, wie Clara Laws "The Goddess of 1967", eine Melange aus Road-Movie und Psychotrip in die Kindheit, Sally Potters "The Man Who Cried" (Advanced), ein opulentes Melodram, oder Raoul Ruiz' "Fils de deux mères ou comédie de l'innocence", ein banaler Mystik-Thriller. Neben Robert Altmans "Dr. T and the Women" (Splendid) lief nur ein Amerikaner im Wettbewerb, Julian Schnabels "Before Night Falls". Und ausgerechnet der kassierte nicht nur den "Großen Preis der Jury", sondern verdient auch die "Coppa Volpi" für Javier Bardem als besten Schauspieler.

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