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Blickpunkt:Film: Wie sieht das Filmfest Hamburg 2000 aus?

Josef Wutz: Wir zeigen wieder 85 Filme, und es wird weiterhin das Tesafilm-Festival geben sowie einen Publikumspreis, die Goldene Tesafilm-Rolle, der mit 30.000 Mark dotiert ist. Das ist der erste Preis überhaupt, den wir für einen Film vergeben. Darüber hinaus gibt es einen weiteren Preis: Das Filmportal Filmgarten.com will einen Upcoming Director mit einem Preis über 10.000 Mark ehren. Mit einer dritten Firma, die auch einen Filmpreis vergeben will, verhandle ich noch. Auch die farbigen Reihen wird es wieder geben. Neu ist die Reihe "People's Choice", in der Stammbesucher des Filmfests ihre Lieblingsfilme des Programms präsentieren.Wir haben Wert darauf gelegt, das junge Kino in den Vordergrund zu stellen.

BF: Die Filmfest-Macher zeigten sich unzufrieden mit dem Filmjahrgang.

JW: In diesem Jahr ist das Angebot tatsächlich sehr speziell. Bei mir haben die Alarmglocken geläutet, als ich sah, dass viele Major-Filme in Berlin liefen und in Cannes unsere "Stammgäste" gezeigt wurden. Das Programm ist dennoch klasse. In der ersten Ankündigung sieht man schon die Richtung - und noch sind fünf, sechs "Hämmer" noch gar nicht aufgeführt. Wir haben zudem viele unbekannte Filme, wie "The Isle" von Ki-Duk Kim, der auch in Venedig läuft. Zudem haben wir - so sieht es im Moment aus - alle Majors in Hamburg, obwohl kein typischer Hollywood-Film dabei ist.

BF: Ist es noch schwieriger geworden, über die Weltvertriebe an Filme heranzukommen?

JW: Zum Glück sind Weltvertriebe wie Fortissimo, die zu den Stammlieferanten gehören und jetzt hohe Gebühren verlangen, 2000 nicht dabei. Es gibt zudem immer mehr Festivals: San Sebastian und Vancouver haben ihre Termine vorverlegt, so dass sie sich mit Hamburg überlappen.

BF: Hat sich die Konkurrenz unter den Festivals verschärft?

JW: Locarno ist im Vergleich zu uns ein A-Festival, München ist ein Frühsommerfestival und wir sind ein Spätsommerfestival. Wir sind nicht der Meinung, dass es da Konkurrenz gibt.

BF: Welche Veranstaltungen gibt es im Rahmen des Filmfests?

JW: Bei der Dresdner Bank wird es eine Veranstaltung und eine Case Study zur digitalen Produktion - auch unter dem Aspekt des Filmnachwuchses - geben. Das Scripthouse Berlin organisiert eine Diskussion zum Drehbuch-Consulting, die Filmförderung eine Veranstaltung zum Urheberrecht, der Verein Filmstadt Hamburg eine Veranstaltung zum Thema "Musik und Film" und Mediadesk eine Veranstaltung zu dem Programm Pilots, also zu TV-Serien. Ein weiteres Thema ist die digitale Projektion, die wir unter den Aspekten der Finanzierung sowie der Multiplexisierung von Filmen diskutieren.

BF: Gibt es Multimedia beim Filmfest?

JW: Ja, bei "Timecode 2000", dem neuen Film von Mike Figgis, treffen sich die neuen Möglichkeiten der Technologie mit dem Filmfest: Hier sind vier Bilder gleichzeitig zu sehen, die eine Geschichte aus vier Perspektiven zeigen. Dabei ist immer der Ton des einen Bildes im Vordergrund, der eines anderen im Hintergrund, zwei Bilder werden ohne Ton gezeigt. Da die vier Filme ohne Unterbrechung gedreht wurden, kann Figgis immer neue Versionen zusammenstellen.

BF: Wie viel Geld steht Ihnen zur Verfügung?

JW: Erneut haben wir 1,125 Mio. Mark von der Hamburger Kulturbehörde, dazu kommen diverse Sponsoren sowie unser Kartenverkauf. Zudem werden wir von der Hamburger Film- und TV-Industrie, von Kulturinstituten und Botschaften unterstützt. Das Tolle ist: Wir haben in den letzten fünf Jahren steigende Überschüsse übrig behalten. Allein aus dem letzten Jahr habe ich 140.000 Mark 'rübergerettet.

BF: [Studio Hamburg](/company/studio-hamburg-gmbh) vergibt in diesem Jahr keinen Nachwuchspreis. Wie kommt das?

JW: Nach meinem Wissen liegt der Grund darin, dass wir 1999 parallel zur Preisverleihung von Studio Hamburg den Douglas Sirk Preis vergeben haben. Ich konnte das nicht ändern, denn Jim Jarmusch hatte nur an diesem Tag Zeit. Dass er dann drei Tage hier blieb, konnte man nicht wissen. Das ist unglücklich verlaufen, und ich bedaure das auch.

BF: Sie wollen Ihren Vertrag nicht verlängern. Bauen Sie schon Ihren Nachfolger auf?

JW: Ich habe kein Mandat, eine Nachfolge aufzubauen. Aber ich bin bereit, mitzusuchen, und ich bin interessiert daran, dass dieser Übergang das Festival nicht beschädigt.

Filmfest-Hamburg-Chef Josef Wutz