Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie sieht Ihr Arbeitsgebiet als Geschäftsführer "Cinema Operations" aus?

Chris Koppelmeier: Zurzeit hat die Firma [H.-J. Flebbe Filmtheater](/company/cinemaxx-entertainment) zwei Geschäftsführer, einen für das operative Geschäft und einen für die Finanzen. Ich bin für das "Tagesgeschäft" sowie für das Marketing und den Sektor Filmeinkauf, Verleihkontakte etc., letztere auch im internationalen Geschäft, verantwortlich. Alles, was Finanzen und Personal betrifft, ist Aufgabe des kaufmännischen GF. Ich bin nicht für die Projekt- und Standortentwicklung zuständig. Diese Entscheidungen werden grundsätzlich vom Vorstand getroffen und vom Aufsichtsrat genehmigt.

BF: Was hat Sie daran gereizt, zu Flebbe zurückzukehren?

CK: Wenn man etwas 15 Jahre mit aufgebaut hat, fühlt man sich herausgefordert, es auch zu neuen Zielen zu führen. Es hat mich gereizt, dass in unserem Unternehmen heute ganz andere Aufgaben vor uns liegen als noch vor einigen Jahren. Wir haben die starke Wachstums- und Expansionsphase der letzten Jahre weitgehend abgeschlossen und richten unsere Schwerpunkte heute vielmehr auf die Konsolidierung und Gesundung des Gesamtmarkts.

BF: Hat sich Ihre Perspektive verändert?

CK: Die Perspektive hat sich sehr deutlich verändert durch das Wissen um die Probleme, Nöte, aber auch Möglichkeiten der Gegenseite, allerdings auch durch die veränderte Marktsituation und die Internationalisierung im europäischen Sektor. Ich habe selbst erlebt, wie schwierig es ist, Filme zum Erfolg zu bringen. Es gibt zu wenig Verständnis für die jeweilige wirtschaftliche Situation - auf beiden Seiten ist mehr Transparenz notwendig.

BF: Wo liegen Ihre aktuellen Schwerpunkte und was sind langfristige Ziele?

CK: Die kurzfristigen Ziele sind die bereits eingeleiteten Kostensparmaßnahmen und die Integration der Ufa-Verwaltung und des -Managements in unsere Strukturen. Darüber hinaus gilt unser Hauptinteresse der Steigerung der Besucherzahlen in Deutschland und der Expansion in neue Märkte im europäischen Ausland. Ein weiterer Schwerpunkt wird sein, eine branchenübergreifende Diskussion zu initiieren, wie wir alle zusammen z.B. die enorm gestiegenen Kosten für Werbung senken können, die längst in Größenordnungen gestiegen sind, die weder wirtschaftlich sind, noch für alle Beteiligten gesund sein können. Zudem sind wir sehr daran interessiert und engagiert, im Bereich Internet eine gemeinsame Plattform für eine möglichst breite Basis in unserer Branche zu schaffen - damit am Ende "nicht jeder sein eigenes Süppchen kocht".

BF: Welche Vorteile hat ein Verband wie [Cineropa](/company/cineropa)?

CK: Man findet leichter einen Konsens mit Wenigen als mit Vielen, noch dazu, wenn diese identische Interessen haben und eine Wirtschaftskomponente darstellen, die sich entsprechend artikulieren muss. Cineropa ist aber natürlich kein "Anti-Verein" zum [HDF](/company/hdf-kino-ev), sondern eine Interessenvertretung, die mit ihren spezifischen Ansprüchen und Anforderungen im HDF leider nicht mehr darzustellen war, aber natürlich auf vielen Ebenen Berührungspunkte und gemeinsame Ziele mit dem HDF hat.

BF: Ist die Gründung dieses neuen Verbandes denn ein Zeichen dafür, dass der Markt auseinander wächst?

CK: Nein. Im Moment sehe ich eher eine Phase der Desorientierung. Es gibt eine Handvoll Generalthemen, die man gemeinsam anfassen sollte, und dabei spielt es keine Rolle, welchem Verband man angeschlossen ist. Viel wichtiger ist aus meiner Sicht, dass sich alle, die erkannt haben, dass etwas getan werden muss, ohne Ansehen der Verbandszugehörigkeit um einen Tisch versammeln, und daraus dann eine Initiative entsteht, wie wir auf einen dauerhaften Zuwachs von 25 Mio. verkauften Karten im Jahr kommen können - mit denen die ganze Kinobrache fest gerechnet hatte und auf welchen unsere Expansion ausgelegt war. Die Idee ist, einen All-Industry-Workshop ins Leben zu rufen, zu dem man sowohl Verleiher als auch Kinobetreiber an einen Tisch bringt.

BF: Welche Chancen ergeben sich aus dem Einstieg von [Senator](/company/senator-entertainment-ag) bei der [Cinemaxx AG](/company/cinemaxx-holdings-gmbh)?

CK: Viele. Gerade, wenn man neue Ideen und Perspektiven ausprobiert, und weil man auf dem kleinen Dienstweg Entscheidungen treffen und die wirtschaftlichen Risiken auf beide Schultern verteilen kann. Wir sprechen miteinander, nicht nur über einzelne Filme, sondern auch darüber, was man noch tun kann, um für mehr Kinobesucher zu sorgen.

BF: Und, was kann man tun?

CK: Man kann intensiv neue Wege suchen, an den Kunden direkt heranzukommen, ohne über die TV-Werbung mit ihren extremen Streuverlusten zu gehen. Meine Meinung ist, dass man TV-Werbung teilweise durch andere Werbemaßnahmen ersetzen muss. Sei es im Kino selbst, sei es mit anderen Medien wie z.B. dem Internet. Wir sind in der glücklichen Lage, unsere Kunden quasi "an der Eingangstür mit Handschlag" begrüßen zu können, was ein TV-Sender naturgegeben nicht leisten kann. Diese Chance müssen wir stärker nutzen.

BF: Wie soll das Zusammenschmelzen von Cinemaxx und[UFA-Theater](/company/ufa-theater-gmbh-und-co-kg) konkret vor sich gehen?

CK: Zurzeit erledigen wir das Tagesgeschäft mehr oder weniger im Dienstleistungsverhältnis für die Ufa. Dabei versuchen wir, ein hohes Maß an Synergieeffekten zu realisieren und in einzelnen Märkten eine Verbesserung der Filmdisposition herzustellen. Ein Beispiel: Wir müssen nicht mehr jeden Film in allen Kinos an einem Standort gleichzeitig spielen, sondern können manche Filme künftig auch länger und besser auswerten. Von dieser Konstellation profitieren sowohl wir Kinobetreiber und die Verleiher wie auch am Ende der Besucher. Danach kommt allerdings die Aufgabe auf uns zu, die Kosten zu reduzieren und uns Klarheit zu verschaffen über die Stärken und Schwachpunkte eines Unternehmens, das man aus einer Verlust- in eine Gewinnsituation bringen will. Erst dann sind wir auch in der Lage, die Vollfusion zu vollziehen.

BF: Die Vollfusion soll in fünf Jahren vollzogen sein?

CK: Wir haben uns diese Frist gesetzt, und wenn wir es zwei Jahre vorher geschafft haben, umso besser. Nur der Erfolg zählt.

BF: Bedeutet das auch weiteren Personalabbau?

CK: Der Personalabbau beschränkt sich auf die Zentralverwaltung der Ufa. Es wird keine Entlassungswelle über die Ufa hereinbrechen, wir sind ohnedies schon am unteren Ende der Personalausstattung gerade in den Kinos angelangt. Im Zuge unserer Expansion müssen wir vielmehr zusätzliches Personal einstellen. So gesehen, wird es in erster Linie darum gehen, neue Ertragsquellen zu erschließen, z.B. durch die gemeinsame Vermarktung attraktivere Promotionpartner zu finden. Wichtig ist, dass wir auch im Tagesgeschäft durch Zusammenführung von Funktionen Kosten sparen.

BF: Wie sieht es mit der Schließung von Kinos aus?

CK: Das ist eine unternehmerische Entscheidung, die nach wie vor bei der Ufa von deren Gesellschaftern getroffen und getragen wird.

BF: Wird die Zentraldispo in Zukunft von [Peter König](/person/peter-koenig_f) geleitet?

CK: Man kann davon ausgehen, dass Peter König in Kürze sowohl für die Ufa- als auch die Cinemaxx-Kinos die Verantwortung für den Filmeinkauf und die Disposition übernehmen wird.

BF: Wollen Sie die Digitalisierung in Ihren Häusern forcieren?

CK: Wir können sie gar nicht forcieren, das ist eindeutig - noch - nicht unser Spielfeld. Die Digitalisierung der Kinos wird kommen - die Frage ist nur, in welcher Geschwindigkeit und unter welchen Rahmenbedingungen. Im Moment sind die Kosten noch indiskutabel.

BF: Wer soll die Kosten tragen?

CK: Das ist genau der Punkt. Wer sie bezahlt, hat am Ende auch die Verfügungsgewalt darüber, d. h. die Rahmenbedingungen spielen eine ganz entscheidende Rolle, die wir natürlich erst geklärt haben müssen, ehe wir an die konkrete Umsetzung und Einführung gehen können.

BF: Wird sich das Verhältnis zu den Verleihern durch die Digitalisierung verändern?

CK: Die Verleiher werden sich verändern - und damit auch das Verhältnis zwischen Verleihern und Kinos. Ich kann mir durchaus ein Szenario vorstellen, in dem die Verleiher nur noch "virtuell" existieren, weil z. B. die Kopienherstellung und Herausbringungsleistungen nicht mehr in dem Umfang, wie wir ihn heute kennen, notwendig sind.

Flebbe-GF Chris Koppelmeier zum deutschen Kinomarkt