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Kino

Produktionsboom in Frankreich

Der Produktionsboom in Frankreich hält an. Regiestars wie Roland Joffé, Patrice Leconte, Francis Veber, André Téchiné oder Caro sind mit ihren neuen Projekten befasst, doch auch Nachwuchsfilmer erhalten eine Chance.

Jochen Müller20.07.2000 22:00

Der Erfolg der beiden Digitalplattformen Canal Satellite und TPS und die hohen Werbeeinnahmen der Privatsender TF1 und M6 haben positive Effekte auf die französische Produktionslandschaft. Auch wenn viele glaubten, der Vorjahresrekord mit fast 200 Filmen dürfte kaum zu brechen sein, wird diese hohe Marke doch voraussichtlich schon im Herbst überholt werden, gefördert durch die tatkräftige Unterstützung der TV-Sender France 3, Canal Plus, TF1 und M6 sowie des CNC. Allein in den nächsten sechs Monaten sollen über hundert Kinoproduktionen realisiert werden, wobei zwei Drittel davon Erst- oder Zweitfilme von Nachwuchsregisseuren sind, denen es erstaunlich oft gelungen ist, namhafte Stars zu gewinnen. So inszeniert zum Beispiel Christian Carion die Komödie "Une hirondelle a fait le printemps" mit Michel Serrault und Mathilde Seigner, finanziert vom Ex-Lazennec-Produzenten Christophe Rossignon. Rossignon hatte erst im letzten Jahr seine Firma Nord-Ouest Productions gegründet. Nach dem Carions-Projekt sollen weitere Produktionen mit talentierten Filmemachern wie Mathieu Kassovitz folgen. Eine ähnliche Strategie verfolgen Véronique Rofé und Frédéric Bal mit ihrer neu gegründeten Firma Attention Moteur. Rofé, zuvor bei UGC Distribution und IMA Films tätig, arbeitet momentan mit ihrem Partner am neuen Film von Benoît Cohen ("Caméléone"). "Nos enfants chéris" ist eine Komödie nach Vorbild von Coline Serreaus "Drei Männer und ein Baby". Der Film, in dem u.a. Sylvie Testud ("Jenseits der Stille") mitwirkt, beschreibt den anstrengenden Urlaub von drei Ehepaaren und deren sieben Kindern. Die naturnahen Filmsets sollen zudem an Filme von Etienne Chatilliez, vor allem "Das Glück liegt in der Wiese", erinnern. Kofinanziert wird der 18,5 Mio. Franc (rund 5,5 Mio. Mark) teure Film von Canal Plus und Marin Karmitz' MK2. Weiter plant das Duo Rofé/Bal eine Fassung von "Hänsel und Gretel" sowie den Debütfilm "Méchantes" der Drehbuchautorin Virginie Chanu. Überraschungen dürfte auch die junge Produktionsfirma Extravaganza bieten. Die vor drei Jahren gegründete und zunächst auf Kurz- und Werbefilme spezialisierte Firma schaffte es 1999, auf die richtige Nummer zu setzen: Mit Djamel Bensalahs "Le ciel, les oiseaux et... ta mère!" lockte Extravaganza über 1,2 Mio. Besucher in die Kinos. Dieser Erfolg erlaubt den drei Extravaganza-Produzenten Yann Gilbert, Didier Creste und Joel Leyendecker jetzt, am Kinofilmdebüt des Werbefilmregisseurs Gilbert Coursoux, "Journal d'un tueur sentimental", zu arbeiten. Die Verfilmung des Romans von Luis Sepulveda über das Leben eines ungewöhnlichen Serienkillers (Budget: 25 Mio. Franc) soll mit deutschen, spanischen und mexikanischen Partnern koproduziert werden, die Dreharbeiten sind in Paris, Berlin, Mexiko, Istanbul und Barcelona geplant. Doch auch die erfahrenen Regisseure bereiten neue Projekte vor. So beschäftigt sich Tonie Marschall ein Jahr nach dem Heimaterfolg von "Schöne Venus" gleich mit zwei Filmen: dem Drama "Au plus près du paradis" mit Catherine Deneuve und einer TV-Shopping-Satire. Roland Joffé widmet sich nach dem enttäuschenden Abschneiden von "Vatel" einem bescheideneren Projekt: Sein 15 Mio. Dollar teurer Thriller "Animal", der von Gaumont produziert wird, basiert auf einem Drehbuch von Roselyne Bosch ("1492 - Die Eroberung des Paradieses"). Gaumont koproduziert zudem (zusammen mit TF1) auch Francis Vebers Komödie "Le placard", die mit Gérard Depardieu, Thierry Lhermitte, Daniel Auteuil und Jean Rochefort besetzt ist. Zudem will Depardieu (neben André Dussolier) in Pitofs "Vidocq" mitspielen. Weitere aktuelle Projekte sind "Félix und Lola" von Patrice Leconte (mit Charlotte Gainsbourg), "Terminus des Anges" von André Téchiné, "Snark" von Marc Caro sowie der von Bac Distribution verliehene Dokumentarfilm "Le peuple migrateur" des "Mikrokosmos"-Produzenten Jacques Perrin.

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