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Am Weihnachtstag startet in den Kinos "[The Tragedy of Macbeth](/movie/macbeth_e)". Im Januar kommt der erste von [Joel Coen](/person/joel-coen) allein inszenierte Film mit den Oscargewinnern [Denzel Washington](/person/denzel-washington) und [Frances McDormand](/person/frances-mcdormand) in den Hauptrollen dann exklusiv ins Programm von Apple TV+. Lesen Sie hier schon unsere Besprechung der Neuverfilmung des Shakespeare-Klassikers, der bereits bei den Filmfestivals u. a. von New York und London gefeiert wurde.


Joel Coen verfilmt Shakespeare. Echt jetzt? Das liest sich im ersten Moment mal total schräg - nicht zuletzt, weil man den instinktiven Eindruck hat, dass ohne den Zusatz "& Ethan" etwas fehlt. Fast 35 Jahre war das Brüderpaar Coen nur als Einheit ein Begriff, machte zusammen 18 Filme in den unterschiedlichsten Genres, nicht jeder gelungen, aber ein paar davon moderne Meisterwerke und jeder etwas Besonderes. Nun filmt Joel allein. Oder besser: Nun filmt er mit Shakespeare, der mindestens ebenso geschickt mit Worten umgeht, wie man es von Ethan gewohnt ist. Hier findet sich auch die Brücke, die Verbindung: Die Filme der Coen-Brüder fanden stets statt in hermetisch versiegelten Welten, filmisch überhöht und doch stets zum Greifen real, ergötzt an Sprache: Dialekte, Akzente, Rhythmus der Dialoge liegen im Zentrum der Coen-Filme, davon geht alles andere aus.


So ist das nun auch hier, in diesem Film, der Verbeugung vor dem Meister des gedrechselten Wortes selbst, aber auch eine perfekte Umsetzung des klassischen Stücks, das zumindest schon Welles, Polanski und Kurosawa zu Sternstunden des Kinos werden ließen. Joel Coen behält die Dialoge bei, mit Ausnahme einiger Straffungen, interpretiert die Tragödie über Machtgier, Mord und moralischen Verfall aber neu, indem er das Ehepaar Macbeth deutlich älter sein lässt, als man es gewohnt ist, und es in einem artifiziellen, keinem Ort und keiner Epoche zuzuordnenden Labyrinth aus nebligen Mooren und endlosen Gängen auf Höllenfahrt in den Wahnsinn und Tod schickt. Die an die Designs des Szenenbildners Edward Gordon Craig angelehnten Bauten verleihen den Vorgängen ein theaterhaftes Flair, sehr modernistisch, fast abstrakt, aber werden von Coen eingefangen, wie es nur im Kino möglich ist.


Und sind doch vor allem nur die stimmungsvollen Hintergründe, um das Oscargewinner-Duo Denzel Washington und Frances McDormand das machen zu lassen, was sie am besten können - und besser als fast alle anderen: Sie erfüllen das Ehepaar Macbeth mit echtem Leben in diesem leblosen Ambiente, geben ihrer Gier und ihrem Machthunger und ihrer wachsenden Verzweiflung Ausdruck, wie auch ihrem Untergang und ihrem Ende. Eine beeindruckende Übung ist das, die mal an die strengen Bilderwelten der späteren Arbeiten von Carl Th. Dreyer erinnert, dann wieder daherkommt wie ein Horrorfilm, mit sich verrenkenden Hexen (absolut grandios: Kathryn Hunter) und Schwärmen von unheilvoll keckernden Raben, deren Schreie durch den Film hallen bis zum allerletzten Moment, wenn ihm sonst schon alles Leben ausgehaucht worden ist. Verdammnis legt sich wie ein schwerer Vorhang über die Ereignisse, ein kalter Film, auch wenn die Emotionen kochen. Ein guter Film. Von Joel ohne Ethan. Daran wird man sich gewöhnen müssen.


Thomas Schultze

"The Tragedy of Macbeth" von Joel Coen