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Morgen startet auf Apple TV+ die zweite Staffel der anrührend-komischen britischen Serie "Trying" mit [Rafe Spall](/person/rafe-spall) und Esther Smith, deren acht Folgen nahtlos an die erste Staffel anschließen. Hier unsere Besprechung.


Wer Serien wie ["Fleabag"](/tvshow/fleabag) oder "Catastrophe" etwas zu risqué und freizügig findet, aber dennoch nicht auf sympathische britische Darsteller und geschliffene Dialoge mit britischem Humor und Anblicke Londoner Straßen sowie des englischen Hinterlands verzichten will, der wird sich in "Trying" Zuhause fühlen wie im kuscheligen Futter einer hippen Barbour-Jacke. Die Apple-Serie von Andy Wolton ist bevölkert mit Figuren, wie man sie auf Familienfesten in Filmen von Richard Curtis antreffen könnte, liebenswerte Gestalten mit Schrullen und Idiosynkrasien und ganz alltäglichen Problemen und dem Herzen auf dem rechten Fleck. Alle schließt man sofort ins Herz, aber niemanden so sehr wie die beiden Protagonisten, gespielt von Rafe Spall, Sohn von Timothy und bekannt aus großen Kinofilmen wie ["Jurassic World: Das gefallene Königreich"](/movie/jurassic-world-das-gefallene-koenigreich) oder ["The BFG"](/movie/the-bfg), und Esther Smith, die so knuddelig und großäugig und herzerwärmend ist, dass man sie manchmal schütteln will: Ihre hemmungslos lebensfrohe Figur heißt Nikki Newman und sieht auch so aus, eine Mensch gewordene Muppetpupe, für die jeder Tag ein neues Wunder ist und die auch dann noch die Sonne aufgehen lässt, wenn sie gerade zu Tode betrübt ist.


Das kommt öfters vor, denn Nikki und ihr Lebensgefährte Jason wünschen sich nichts sehnlicher, als endlich Eltern zu sein. Weil es trotz intensiver Versuche auf natürlichem Wege nicht klappen will, ringen sie sich zur Adoption durch. Vor einem Jahr kämpften die beiden mit der hinreißenden Wohnung in Camden Town darum, als künftige Adoptiveltern registriert zu werden. In Staffel zwei geht es nun erneut in acht 30-minütigen Folgen darum, ob ein Kind gefunden werden kann, für das sie in Frage kommen - ein abermaliger Hindernisparcours mit unentwegtem Auf und Ab, der absolut nahtlos an die ersten acht Folgen anschließt. Eine etwas tragendere Rolle spielt diesmal vielleicht die unmittelbare Familie der beiden. Nikkis Schwester Karen steht kurz vor der Hochzeit mit ihrem schrägen Verlobten, dem egozentrischen Schriftsteller Scott, verliebt sich aber auf dem Schulhof in den Vater einer ihrer Schülerinnen. Jasons bester Kumpel Freddy und seine Frau Erica müssen sich mit dem Leben nach dem Ende ihrer Beziehung arrangieren, finden aber doch Wege, nicht aus dem Orbit des jeweils anderen zu verschwinden. Dazu kommen noch die Eltern der beiden Hauptfiguren mit ihren ganz eigenen Ängsten und Nöten, was in britischen Filmen und Serien immer ein guter Anlass ist, gestandene Charakterschauspieler zeigen zu lassen, was man mit viel Routine und Spiellust in nur wenigen Szenen alles bewegen kann. Und schließlich hat man mit [Imelda Staunton](/person/imelda-staunton) als unkonventionelle Adoptionshelferin noch eine der Größen des britischen Kinos an Bord.


Früher hätte man gesagt: Es menschelt ungemein. Aber eben auf eine moderne Weise, wie das immer nur die Briten richtig gut hinkriegen, Leute wie Nick Hornby, David Nicholls oder, als Godfather der British Human Comedy, Richard Curtis. Und die Macher von "Trying", die Herzschmerz, Humor und allzu Menschliches so geschickt balancieren, dass die dritte Staffel bereits grünes Licht erhalten hat.


Thomas Schultze

"Trying" (2. Staffel)