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Kino

Oscar-Analyse: Paukenschlag ganz zum Schluss

Alles lief zunächst wie erwartet und von den Experten vorausgesagt. Doch am Schluss überraschten die 93. Academy Awards dann doch auf ganzer Linie. Wir haben uns Gedanken zur Oscarverleihung gemacht.

Thomas Schultze26.04.2021 08:03
Drei Gewinner vereint: Youn yuh-jung, Daniel Kaluuya und Frances McDormand
Drei Gewinner vereint: Youn yuh-jung, Daniel Kaluuya und Frances McDormand Matt Petit / A.M.P.A.S.

Hinterher wird man debattieren, was die größere Überraschung war bei den 93. Academy Awards: Die Tatsache, dass man erstmals in der Geschichte der Oscars die Reihenfolge bei der Vergabe der Hauptpreise geändert hatte, die besten Darsteller diesmal nach Bekanntgabe des besten Films und der besten Regie prämiert wurden? Oder die Tatsache, dass dann beim allerletzten Preis eben nicht Chadwick Boseman posthum für seine Leistung in "Ma Rainey's Black Bottom" ausgezeichnet wurde, nachdem er davor nahezu jeden Darstellerpreis während der Awards-Season gewonnen hatte - was womöglich der Grund gewesen sein mag, dass sich das Produzententrio um Steven Soderbergh entschieden hatte, überhaupt die Reihenfolge der Preisvergabe auf den Kopf zu stellen? Als bester Hauptdarsteller wurde Anthony Hopkins geehrt, für seine Rolle in "The Father", sein zweiter Hauptdarstelleroscar nach 1992, als der damals 54-Jährige mit seiner Rolle als Hannibal Lecter in "Das Schweigen der Lämmer" ein später Superstar wurde. Jetzt ist er mit 83 Jahren der älteste Gewinner eines Oscars überhaupt und löst damit Christopher Plummer ab, der im Alter von 82 Jahren einen Nebendarstelleroscar für "Beginners" erhalten hatte. Und ohne den anderen Nominierten etwas nehmen zu wollen - Steven Yeun in "Minari", Riz Ahmed in "Sound of Metal", Gary Oldman in "Mank" und natürlich Chadwick Boseman sind allesamt großartig -, aber niemand, der sich die Leistung Hopkins' ansieht, wird sagen können, dass seine Auszeichnung unverdient ist: Es ist eine meisterliche, ganz feine und doch sehr komplexe Darstellung, technisch präzise und doch so zutiefst menschlich und berührend in ihrer Akzeptanz der eigenen Vergänglichkeit, dass man den Mitgliedern der Academy zustimmen muss, wenn man kurz einmal zurücktritt und einen objektiven Blick auf den Film von Florian Zeller wirft - der außerdem einen Oscar für das beste adaptierte Drehbuch erhielt.

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