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Festival

TORONTO Tag 2: Die erste Sensation

Der Beifall in Telluride war so laut, dass man ihn wohl bis nach Toronto hörte: Für die erste Pressevorführung von "Waves" von Trey Edward Shults waren die Schlangen so lange wie im vergangenen Jahr für "Roma". Die angeblich 300 Journalisten, die abgewiesen wurden, haben einen tollen Film verpasst.

Thomas Schultze07.09.2019 10:06
"Waves" erzählt von einer Familie, die mit einer Katastrophe fertig werden muss
"Waves" erzählt von einer Familie, die mit einer Katastrophe fertig werden muss TIFF

So ist das manchmal in Toronto. Man ist noch gar nicht richtig angekommen, da wird man vom ersten richtig starken Film überrumpelt und von den Füßen gerissen. Wobei das so auch nicht richtig ist: "Waves", der neue Film von Trey Edward Shults, wurde schon in Telluride als unerwartete Sensation gefeiert. Der Beifall dort war so laut, dass man ihn bis nach Toronto hörte: Für die erste Pressevorführung waren die Schlangen so lange wie im vergangenen Jahr für "Roma" oder "Aufbruch zum Mond". Die angeblich 300 Journalisten, die abgewiesen wurden, haben einen tollen Film verpasst, ein Melodram über eine Familie in Florida in der Krise, mit so einer schieren Lust am Ausreizen filmischer Möglichkeiten und in einer Explosion an Farben, Bewegung, Ton und Einfällen inszeniert, dass Widerstand gar nicht möglich ist. Trey Edward Shults hat den Film gemacht. Bisher kannte man ihn als Regisseur von zwei Horrorfilmen; "It Comes At Night" wurde als kleines Meisterwerk gefeiert, ein düsterer Home-Invasion-Movie, der ebenfalls von einer Familie erzählt, die von innen heraus zerstört wird. Aber nichts in der bisherigen Arbeit von Shults hätte einen Hinweis geben können, dass in ihm ein Film wie "Waves" steckt, in dem ein sinnloser Akt der Gewalt nicht nur das Leben des Täters und des Opfers für immer verändern, sondern auch all der Menschen um sie herum.

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