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Festival

TORONTO Tag 2 & 3: Weltenbauer

Nach dem dritten Tag auf dem Toronto International Film Festival sind nach wie vor die Filme tonangebend, die gerade erst in Venedig oder sogar Cannes gelaufen waren. Unter den Weltpremieren sorgte "Molly's Game" von Aaron Sorkin für den größten Buzz.

Thomas Schultze10.09.2017 16:06
Alexander Payne übertrifft sich selbst mit "Downsizing"
Alexander Payne übertrifft sich selbst mit "Downsizing" Paramount

Nach dem dritten Tag auf dem Toronto International Film Festival sind nach wie vor die Filme tonangebend, die gerade erst in Venedig oder sogar Cannes gelaufen waren: Endlos lange Schlangen und wildes Gedränge schon bei den Pressevorführungen gab es bei Alexander Paynes "Downsizing", der die Zuschauer in Venedig als Eröffnungsfilm auf eine hinreißend unberechenbare Reise mitgenommen hatte und nun auch das kanadische Publikum überraschte: Nie lässt sich so genau ahnen, in welche Richtung sich die Handlung entwickeln wird, nachdem sich der wunderbar besetzte Matt Damon als Jedermann Paul Safranek mit seiner von Kristen Wiig gespielten Gattin entscheidet, sich auf etwa zwölf Zentimeter Größe schrumpfen zu lassen und ein neues Leben zu beginnen - eine von norwegischen Wissenschaftlern entwickelte Methode, wie der Film erklärt, um der drohenden Überbevölkerung auf der Erde Einhalt zu gebieten und den Fortbestand der Menschheit zu sichern, wie es schon die Dead Kennedys in ihrem Song "Shrink" vor mehr als 30 Jahren thematisiert hatten. Aber "Downsizing" nimmt soziale Ungerechtigkeit und die klaffende Schere zwischen Arm und Reich nur als Ausgangspunkt für eine technisch perfekt umgesetzte und mit scharfem Blick für allzu Menschliches erzählte Sozialsatire, die einem Otto Normalverbraucher lehrt, lieber ungewöhnlich zu leben und sich in ein Abenteuer zu stürzen, in dem er Bekanntschaft mit schrägen Typen macht - irre: Christoph Waltz als serbischer Lebemann Dusan - und schließlich in Norwegen tatsächlich aufbricht in die Zukunft der Menschheit, so sie denn noch eine hat. Dahinter steckt eine weit reichende Ambition, ein neu gewonnener Respekt für seine Figuren, die Alexander Payne in Filmen wie "About Schmidt" oder "Sideways" zwar liebevoll gezeichnet, aber doch auch gerne mal bloßgestellt hat. Wenn man "Downsizing" in vollen Zügen genießen will, muss man es machen sie Paul Safranek: Man muss sich einfach darauf einlassen.

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