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Festival

TAG 2: Schatten des Zweifels

Das 70. Festival de Cannes schaltet einen Gang höher: "Loveless" von Andrej Swjaginzew bietet gehobenes Arthouse-Kino und entspricht den hohen Erwartungen, Todd Haynes indes kann sie mit seinem "Wonderstruck" nicht erfüllen.

Thomas Schultze19.05.2017 09:30
"Loveless" legt die Latte hoch für kommende Titel im Wettbewerb
"Loveless" legt die Latte hoch für kommende Titel im Wettbewerb Festival de Cannes

Ist es denn überhaupt statthaft, bereits am zweiten Tag eines Festivals Zweifel zu äußern, zu vermuten, dass es sich womöglich um einen nicht ganz so brillanten Jahrgang in Cannes handeln könnte? Natürlich nicht. Aber während man den ersten Tag verbringt, die ersten Filme zu sehen, vor allem ein Gefühl für den Jahrgang zu entwickeln, mit Kollegen und anderen Leuten aus der Branche zu sprechen - was hört man, wie ist die Stimmung, welche Titel könnten sehenswert sein -, setzt sich schon einmal ein vorläufiges Bild zusammen, was die nächsten zehn Tage bringen. Und natürlich darf man sich fragen, ob Thierry Frémaux wirklich so wenig zugkräftige Titel zur Auswahl standen, dass er seine Jubiläumsausgabe mit Arnaud Desplechins irrlichterndem "Les fantômes d'Ismael" beginnen musste, oder warum es ihm nicht gelungen ist, einen einzigen Hollywood-Studiofilm an die Croisette zu bringen, dafür aber auf zwei Netflix-Produktionen zurückzugreifen, deren Siegeschancen Jury-Chef Pedro Almodóvar gleich am ersten Tag mehr oder minder zunichte machte, als er sich in einem Statement ganz klar für das Erleben von Film auf der großen Leinwand stark machte. Und was hat Cannes geritten, zwei Folgen aus David Lynchs neuer "Twin Peaks"-Serie ausgerechnet zur besten Abendzeit im großen Salle Lumière zu zeigen, von denen zumindest eine schon vier Tage vorher im amerikanischen Fernsehen lief? Da kann man schon einal kurz mit dem Kopf schütteln.

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