Blickpunkt:Film

Kino

Gerade feiert ["Spectre"](/movie/spectre) Deutschlandpremiere in Berlin. Am Nachmittag sprach Produzentin [Barbara Broccoli](/person/barbara-broccoli) mit der Presse. Dabei bestätigte sie nicht nur, dass [Daniel Craig](/person/daniel-craig) weiterhin 007 sein soll, sondern erzählte auch, warum [Christoph Waltz](/person/christoph-waltz) so wichtig für den Film ist und welche Wirkung der Sony-Hack auf die Produktion hatte.


Was können Sie zum Budget von "Spectre" sagen? Es werden gigantische Summen kolportiert, von 250 bis 300 Mio. Dollar ist die Rede. Sie sind die Einzige, die das aufklären kann.


MGM könnte Ihnen ebenfalls Auskunft geben. Ich habe versucht, die Zahlen vor ihnen zu verheimlichen, aber dort weiß man Bescheid. Ich sage es mal so: Es. Ist. Viel. Es ist viel Geld, ein hohes Budget. Das stimmt. Aber ich denke, man sieht, dass wir das Geld auf der Leinwand gelassen haben. Das ist wichtig. Davon war schon mein Vater fest überzeugt, vom ersten Film der Reihe an. Ich versuche, seiner Philosophie zu folgen.


Mit "Spectre" findet ein großer Handlungsbogen seinen Abschluss, der mit ["Casino Royale"](/movie/casino-royale_5) begonnen hat. Wie sieht die Zukunft aus? Bond kehrt zurück - aber mit wem?


Haben Sie bereits mit Daniel Craig gesprochen? Was hat er gesagt?


Er hat gesagt, er würde sich wünschen, weiterhin Bond zu sein.


Puh. Das ist gut. Ich will nämlich ebenfalls, dass er weiterhin unser Bond bleibt. Er ist einfach großartig, wissen Sie? Mit dieser Meinung stehe ich nicht alleine da - das Publikum steht ebenfalls hinter ihm. Von allein Seiten wird mir gesagt, dass Daniel auch weiterhin Bond sein soll. Das freut mich, weil ich das auch so sehe. Ich werde mein Bestes tun, ihn weiterhin an uns zu binden.


Können Sie sagen, wie es inhaltlich weitergehen soll?


Das ist die große Herausforderung. Man muss die richtige Balance finden. Auf der einen Seite wollen wir die Leute begeistern, die gewisse Erwartungen an die Reihe haben, die einen klassischen Bond fordern. Andererseits darf man sich nie auf seinen Lorbeeren ausruhen. Man muss sich immer etwas Neues einfallen lassen, man muss überraschend bleiben, man muss mit der Zeit gehen. Ohne zu viel über das Ende von "Spectre" verraten zu wollen, kann man doch sagen, dass wir jetzt an einem Punkt sind, an dem die Möglichkeiten unendlich sind. Das ist ein guter Ausgangspunkt, finde ich.


Gibt es einen Zeitplan für den nächsten Film?


Jetzt nehmen wir uns erst einmal ein paar Monate frei, dann setzen wir uns wieder zusammen und überlegen uns, welche Geschichte wir als nächstes erzählen werden. Ein solcher Film beansprucht jedes Mal drei Jahre unserer Zeit, die meisten anderen sind dann zwei Jahre mit an Bord. Das ist sehr aufregend, aber auch anstrengend. Wir genießen jetzt einfach erst einmal die Reaktionen auf "Spectre".


Nach ["Skyfall"](/movie/skyfall) sprachen wir ebenfalls über die Zukunft von Bond. Damals sagten Sie, dass es heute nicht mehr möglich sein würde, eine Figur wie Blofeld oder Scaramanga glaubwürdig einzusetzen. Sie seien nur noch in Parodien wie ["Austin Powers"](/movie/austin-powers) denkbar.


Davon war ich auch überzeugt. Aber Glaubwürdigkeit ist genau der Punkt, um desn es geht. Als wir mit Christoph Waltz ins Gespräch kamen, änderte sich meine Meinung. Er ist ein bemerkenswerter Schauspieler. Wenn er einen Bösewicht spielt, dann hält er selbst die Figur nicht für einen Bösewicht. Er hat ein Talent dafür, solche Figuren, die größer als das Leben erscheinen, zu erden, sie glaubwürdig und echt wirken zu lassen. Er hat eine unglaubliche Ausstrahlung. Er spielt diesen Franz Oberhauser in "Spectre" als überzeugten Visionär: Wie er die Welt beherrschen will, erscheint ihm als absolut sinnvoll. Christophs Oberhauser ist keine Karikatur, keine überzogene Witzfigur, kein Klischee. Er ist desehalb so böse, weil er sich selbst nicht für böse hält. Mir machen solche Typen Angst.


Die Produktion eines Films dieser Größe ist ohnehin nicht einfach. Bei "Spectre" kam erschwerend hinzu, dass während des Drehs Sony gehackt und neben zahlreichen Interna auch das Drehbuch Ihres Films ins Netz gestellt wurde. Hatte das unmittelbaren Einfluss auf Ihre Arbeit?


Ich befürchte, ich muss das bejahen. Es fühlte sich für uns an wie eine Übertretung, ein Eingriff in unsere Privatsphäre. Wir konnten nicht mehr frei mit Sony kommunizieren. Alle Telefonverbindungen und E-Mail-Adressen mussten lahmgelegt werden. Aber welche Wirkung der Hack auch immer bei uns gehabt haben mochte, es war doch läppisch im Vergleich zu dem, was er mit den Angestellten bei Sony anstellte. Das war absolut katastrophal. Es war erschreckend, so gnadenlos vor Augen geführt zu bekommen, welch nachhaltiger Schaden mit Cyberhacking und Cyber-Kriegsführung angerichtet werden kann. Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass dies auch eines der Themen unseres Filmes ist. Wer sammelt Informationen? Wer kontrolliert Informationen? Wer überwacht die Menschen, die Informationen sammeln? Das geht in unserer Zeit alle an. Deshalb denke ich, dass unser Film zwar ein klassisches Bond-Abenteuer erzählt, aber sich dennoch auch absolut auf der Höhe unserer Zeit ist. Wir haben alle an Anrecht auf Privatsphäre. Und niemand sollte sie uns wegnehmen dürfen.


Thomas Schultze

Barbara Broccoli über Bond, Craig und den Sony-Hack