Blickpunkt:Film

Verleih

VideoWoche: Wie geht es dem österreichischen Verleihmarkt derzeit? Wie hat er sich in den letzten Jahren entwickelt?

[Alexandros Mazaris](/person/alexandros-mazaris): Aufgrund der Tatsache, dass es keine genauen und zuverlässigen Zahlen über den österreichischen Markt gibt, kann man darüber keine genaue Aussage treffen. Allerdings sind wir uns alle einig, durch Gespräche mit Partnern, Mitbewerbern und Anbietern, eine dem deutschen Markt ähnliche Tendenz zu erkennen. Die wenigen Eigenarten des österreichischen Markts sind in den meisten Fällen leider nicht stark genug, um negative Entwicklungen aufzuhalten.

VW: Wie ist der österreichische Verleihmarkt strukturiert? Wer sind die wichtigsten Player?

AM: Schätzungen sprechen von 250 bis 300 aktiven Verleihstellen, wobei der überwiegend ländliche Charakter des Landes die reibungs-lose Koexistenz von großen Stores in den Ballungsgebieten und kleineren Videotheken auf dem Land erlaubt. Inwieweit äußere Einflüsse diese Zahl variieren lassen, ist mir leider nicht bekannt. Bezogen auf die traditionelle Videothek gibt es neben unserer Gruppe noch einige wenige mit einem Filialensystem. Der überwiegende Teil der restlichen Videothekenlandschaft setzt sich aus kleinen und großen Einzelfilialen zusammen.

VW: Wie hat sich der AVR über die Jahre entwickelt?

AM: Mit der Entwicklung unserer Gruppe und der angeschlossenen Partner sind wir durchaus zufrieden. Wir haben es geschafft, den Austria Video Ring in ganz Österreich zur Marke zu machen. Die meisten unserer im Jahr 1999 langfristig definierten Ziele wurden erfüllt. Mittlerweile können wir den Großteil der etabliertesten Videothekare Österreichs als Partner zu unserer Gruppe zählen. Die Zufriedenheit und Loyalität dieser Partner über die ganzen Jahre hinweg bestätigt unsere Gruppenphilosophie. In dieser immer wieder so gern erwähnten "qualitativen Marktbereinigung" der letzten Jahre war unsere Organisation und das damit verbundene Konzept durch den professionellen Einsatz der Mitarbeiter und Partner imstande gewesen, auf lang- und kurzfristige Marktveränderungen schnell und unkompliziert zu reagieren.

VW: Wie läuft die Zusammen-arbeit mit der Industrie? Wird Österreich nicht oftmals nur als "Anhängsel" betrachtet?

AM: Im Gegensatz zu früher wird die Betreuung des österreichischen Marktes zum Teil von der deutschen Industrie direkt übernommen. Die restlichen Anbieter nutzen die Dienste ihrer Vertriebspartner hier vor Ort. Durch manche dieser Konstellationen muss man leider feststellen, dass die Interessen und Ziele der Anbieter, bezogen auf Österreich, sich teilweise sehr stark voneinander unterscheiden. Unsere Aufgabe als größte österreichische Einkaufskooperation sehen wir als Partnerschaft - sowohl mit unseren Kunden als auch mit unseren Lieferanten und all jenen, die mit uns in einer Beziehung stehen. Grundlage für diese Partnerschaften sind Fairness und Loyalität. Bei diesen unterschiedlichen Betrachtungsweisen der Anbieter erkennt man allerdings zum Teil eine gewisse Ignoranz bezüglich des hiesigen Markts. Vertriebspartner werden als gewöhnliche Kunden betrachtet und österreichische Videothekare lediglich als Kunden dieser "Großhändler". Der in diesen Fällen fehlende direkte und intensive Kontakt zu den Entscheidungsträgern auf Anbieterseite stellt sich oft als Nachteil dar. Gemeinsame Aktivitäten zwischen Handel und Industrie sind dadurch eher schwer zu realisieren. Bezogen auf Marketingaktivitäten und übergreifende Werbekampagnen ist die Abwesenheit mancher Anbieter sehr bedauerlich. Wir als Gruppe sind in diesem Fall besonders gefordert, Eigeninitiative zu ergreifen. Dies gelingt uns durch unser monatliches kosten-loses Kundenmagazin, landesweite Werbeschaltungen in Printmedien, Kooperationen mit landesweiten und regionalen Radio- und TV-Sendern und gezielter Unterstützung sportlicher Events ganz hervorragend.

VW: Wie verteilen sich im Groben die Umsatzanteile der Warengruppen?

AM: Mit dem klassischen Verleihgeschäft wird der größte Teil des Gesamtumsatzes realisiert. Der Spielfilmanteil macht hierbei einen Anteil von 45 Prozent aus. Der Rest wird durch DVD-Neu- und Gebrauchtverkauf, Convenienceprodukte und diverse Verkaufsartikel erzielt.

VW: Worin unterscheiden sich der österreichische und der deutsche Markt am stärksten?

AM: Im Grunde genommen sind sich der deutsche und der österreichische Markt sehr ähnlich. Unterschiede im Sinne eines Vorteils gegenüber dem deutschen Markt wären die uns bundesweit eingeräumten Öffnungszeiten an Sonn- und Feiertagen, die fehlende FSK und die damit verbundenen nicht vorhandenen Indizierungen. Weiterhin erlaubt uns der Gesetzgeber, Videotheken zu bauen, in denen eine optische Trennung des Jugend- bzw. Familienbereichs vom Erwachsenenbereich absolut ausreichend und zulässig ist. Andererseits stellen sich bundeslandabhängige Zusatzsteuern bis zu zehn Prozent des Nettoumsatzes sowie das Fehlen eines mit dem IVD vergleichbaren branchenpolitischen Organs als Nachteile dar.

VW: Wie läuft das Hardcoregeschäft?

AM: Nach wie vor sind sowohl der Verleih als auch der Verkauf von Hardcore-DVDs ein nicht weg-zudenkender Umsatzfaktor. Nach-dem die durch das Internet verzeichneten Rückgänge aufgefangen wurden, konnten wir sowohl durch den gezielten Ausbau des Neuheiten- und Backprogrammbereichs als auch unseres Engagements im Verkauf neuer Erotik-DVDs unser Erotikgeschäft wieder stabilisieren. Ich behaupte mal, wir führen heute eines der besten Erotiksortimente auf dem österreichischen Videothekenmarkt.

VW: Welchen Stellenwert haben DVD-Verleihautomaten?

AM: Die Zahl der Automaten- bzw. Kombivideotheken in Österreich hat sich nach Jahren des Wachstums und der damit verbundenen Marktbereinigung des Bereichs nun ziemlich stabilisiert. Die bereits erwähnte, überwiegend ländliche Struktur Österreichs gibt Automaten an sorgfältig ausgewählten Standorten eine gute Chance. Allerdings kommt es oft vor, dass von Branchennewcomern Standorte in unmittelbarer Nähe zu traditionellen Verleihstellen gewählt werden, in der Hoffnung, dass sich der Rest von allein ergibt. Solche wenig durchdachten Schritte fördern nicht gerade das Verhältnis unter den unterschiedlichen Verleihsparten.

VW: In Deutschland leidet der Rentalmarkt stark unter der Raubkopiererei und den Preisschlachten bei Elektrofachmärkten. Welche äußeren Einflüsse wirken auf Österreichs Videotheken besonders ein?

AM: Unser Markt reagiert auf die angesprochenen Einflüsse ähnlich. Die Filmpiraterie bleibt eine Gefahr und ihre Bekämpfung ein Problem. Unser ständiges Engagement bei der Zusammenarbeit zwischen Videotheken und zuständigen Institutionen setzt hierzulande aber ein Zeichen. Von Beginn an unterstützten wir Gründungsvorhaben einer der GVU ähnlichen Organisation in Österreich. Dies geschah dann 2003 mit der Gründung der VAP (Verein für Antipiraterie der Film- und Videobranche)...

Alexandros Mazaris (AVR) über den Rentalmarkt Österreich