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Blickpunkt:Film: Mit "The Big Lebowski" verfilmen Sie zum dritten Mal eine Kidnapper-Geschichte.

Joel Coen: Sie erfüllt immer eine andere Funktion. Die Entführung dient als Ausgangspunkt, unterschiedliche Menschen miteinander in Kontakt zu bringen. Daraus eröffnen sich diverse Möglichkeiten, eine Geschichte zu erzählen. Aber wir fühlen uns nicht als Spezialisten auf diesem Gebiet. Nichts wäre schlimmer als Routine oder Stillstand.

BF: Sehen Sie Ihr neuestes Werk als Hommage an Raymond Chandler?

Ethan Coen: Der Plot basiert auf einer der typischen Chandler-Storys. Für den Handlungsort Los Angeles, Atmosphäre und Hauptcharaktere haben wir uns von Chandler inspirieren lassen. Ich hoffe, das merkt man.

BF: Pflegen Sie einen speziellen Stil?

EC: Ich weiß nicht. Der Stil hängt von der jeweiligen Geschichte ab. Aber es ist vielleicht eine bestimmte Stimmung, die wir mögen. Wir legen sehr viel Wert auf enge Zusammenarbeit mit den Production Designern und Technikern, arbeiten gerne mit den gleichen Leuten zusammen, seit  mit Production Designer Dennis Gassner, seit  mit Kameramann Roger Deakins. Auch das trägt zum Gelingen eines Films bei.

BF: Sie sammeln auch fast immer die gleiche Schauspiel-Truppe um sich.

JC: John Goodman haben wir die Rolle auf den Leib geschrieben, er gehört zu den besten Schauspielern, wie auch John Turturro, der bei uns schon einen Stammplatz hat. Für die Hauptrolle des Dude kam für uns nur Jeff Bridges in Frage, er ist eine Coen-Novize. Da er nicht frei war, mußten wir das Skript, das wir schon vor einigen Jahren schrieben, zur Seite legen und haben erst einmal  gedreht.

BF: Halten Sie sich für einen autoritären Regisseur oder lassen Sie Improvisationen zu?

JC: Unsere Storyboards sind sehr ausführlich, wir halten uns eng an das Drehbuch. Wir lassen die Schauspieler zwar improvisieren, aber am Ende des Tages tun sie das, was wir wollen.

BF: Erleichterte der Erfolg von "Fargo" die Finanzierung von "The Big Lebowski"?

EC: Unser Budget betrug nur 15 Mio. Dollar, das zahlen die großen Studios aus der Portokasse. Wir sind zwar inzwischen anerkannt, aber es ist immer schwierig, ein Projekt vorzuschlagen, bei dem noch kein fertiges Skript vorliegt. Unsere Figuren sind so ausgefallen, daß ein großes Studio wahrscheinlich sofort abwinken würde.

BF: Nach  und "Fargo" arbeiten Sie zum dritten Mal mit Working Title zusammen.

EC: Wir können uns nichts Besseres vorstellen als mit dem Produzenten-Team Tim Bevan und Eric Fellner zusammenzuarbeiten. Die enge Verbindung zu Polygram erleichtert auch den Zugang zum internationalen Markt.

BF: Zählen Sie sich noch zu den Independents?

JC: Das ist ein eigenartiges Etikett, es kommt auf die Definition an. Wenn es darum geht, ein Projekt selbst zu kontrollieren, die Dreharbeiten und den Schnitt, dann gehören wir noch zu den Independents. Die Grenzen sind fließend, auch die Verantwortlichen der großen Studios interessieren sich für innovative Ideen. Die Studio-Strukturen wären der Knackpunkt.

BF: Ihr früherer Kameramann Barry Sonnenfeld landete mit  einen internationalen Blockbuster. Würde Sie ein Projekt in ähnlicher Größenordnung interessieren?

EC: Ein 100 Mio-Dollar-Projekt ist ein ganz anderes Geschäft, diesem Studiodruck möchte ich mich nicht aussetzen. Schon allein vor den Erwartungen bei dieser Größenordnung graut mir. Ich ziehe ein überschaubares Projekt vor. Unsere Themen sind auch nicht auf dieser finanziellen Ebene angesiedelt. Ein guter Film hängt nicht von einem Riesen-Budget ab. Einzig das Marketing entwickelt sich zum Problem, weil es inzwischen die Produktionskosten einholt.

BF: Stimmt es, daß Sie ein Angebot zu einem der "Alien"-Sequels abgelehnt haben?

EC: Es gab Anfragen, aber man weiß nie, wie ernst das gemeint war. Ehrlich gesagt, reizt mich ein solches Projekt zur Zeit nicht besonders. Da würden uns zu viele Executives auf die Finger schauen.

BF: Wie teilen Sie sich die einzelnen Funktionen untereinander auf?

JC: Eigentlich machen wir Co-Regie. Eine wirkliche Arbeitsteilung gibt es nicht, auch wenn ich als Regisseur zeichne und Ethan als Produzent. Wir sitzen zusammen und reden tage- und nächtelang. Jeder weiß, was der andere macht.

BF: Wird das auf Dauer nicht langweilig?

EC: Dann würden wir sofort aufhören. Wir haben eine ganz spezielle Form der Produktivität und Kreativität gefunden, ohne uns gegenseitig zu stören oder einzuengen.

Joel und Ethan Coen zu "The Big Lebowski'