Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt Film: Wie kommt ein solcher Marktanteil zustande?

Ferdinand Morawetz: Vor allem durch harte Arbeit. Ich glaube, daß wir wirklich außergewöhnlich viel für unsere Filme getan haben. Und mit ["Bean"](/movie/bean-der-ultimative-katastrophenfilm), der fast 600.000 Zuschauer anzog, hatten wir natürlich ein starkes Zugpferd.

"Je mehr Leinwände es gibt, desto besser"

BF: Worauf führen Sie den Kinoboom in Österreich zurück?

FM: Zum einen liegt das sicher an den neuen Multiplexen und den Kinoneubauten, zum anderen war es auch ein gutes Jahr, was die Filme betrifft. Wir haben den Zenit noch längst nicht erreicht.

BF: Zuletzt machten sich viele Politiker Sorgen, ob Österreich so viele Multiplexe verträgt.

FM: Ganz so stimmt das nicht: Sie machen sich Sorgen, ob Wien bestimmte Multiplexe verträgt. Man läßt die Cineinvest ein Multiplex bauen, und wenn dann andere das gleiche tun wollen, gibt es einen Aufschrei. Das kommt mir so vor, als würde man ein Haus am Flughafen bauen und plötzlich will man, daß der Flughafen wegkommt. Ich bin dafür, daß sich Politiker vornehmlich mit Politik beschäftigen und nicht so sehr mit Kinos. Ideen wie eine "Popcorn-Steuer", also höhere Abgaben für Multiplexe, erscheinen mir befremdlich.

BF: Die Constantin-Kinokette und die Cineinvest werden ausländische Konkurrenz bekommen, wenn Warner und Village Roadshow in Wien ein Multiplex betreiben.

FM: Mir als Verleiher ist es egal, wer die Kinos betreibt, solange die Kinos gut sind und ich gute Konditionen erhalte. Aber jeder neue Konkurrent bringt frischen Wind. Das kann nur gut sein, dann strengen sich die anderen mehr an.

BF: Eine Sorge der Politiker geht dahin, daß österreichische Filme im Multiplexfieber auf der Strecke bleiben.

FM: Das halte ich für Unsinn. Je mehr Leinwände es gibt, desto besser für den österreichischen Film. Wenn ein österreichischer Film dem Publikum attraktiv erscheint, wird es ihn sich anschauen, egal wo. Es gibt aber auch Filme, die niemals in ein Multiplex passen werden. Das ist für mich in Ordnung, denn es soll auch Kinos geben, die solche Filme spielen.

BF: Nach ["El Chicko"](/movie/el-chicko) und ["Der Unfisch"](/movie/der-unfisch) verleihen Sie mit "Eine fast perfekte Scheidung" bereits den dritten österreichischen Film. Was versprechen Sie sich davon?

FM: Im Falle der "Scheidung" ist das ganz klar: Das ist eine Komödie mit einem beachtlichen Zuschauerpotential, wir haben jetzt fast 90.000 Besucher. Demnächst werden wir aber einen noch viel kleineren, ungleich riskanteren Film in den Verleih nehmen. Ich denke, ein großer Verleih kann einen kleinen Film schützen, wenn er ihn sorgfältig betreut. Er ist wie ein zartes Pflänzchen, das man hegen und pflegen muß.

BF: Sie verleihen 1998 rund 60 Filme. Wie wollen Sie die alle betreuen?

FM: Es steckt viel harte Arbeit dahinter, aber es geht. Natürlich muß man einen Apparat haben. Es gibt immer noch große Verleiher, die mit nur einer Pressedame arbeiten. Man muß aber auch für jeden Film abschätzen, wieviel er erreichen kann. Wir haben etwa den japanischen Film ["Shall We Dance?"](/movie/shall-we-dance) Wenn ich 10.000 Zuschauer in Österreich erreiche, bin ich zufrieden. Wenn ich glaube, 100.000 machen zu müssen, werde ich frustriert sein.

BF: Haben Sie nicht den Eindruck, daß 250 gestartete Filme in Österreich einen Overkill bilden?

FM: Das glaube ich nicht. Da reguliert sich der Markt ganz von selbst. Die Filme, die die Zuschauer sehen wollen, werden auch gesehen. Und selbst wenn es der Overkill wäre, ich würde trotzdem nicht für Quoten und Einfuhrbeschränkungen plädieren. Das hatten wir alles schon, und es hat auch nichts gebracht.

BF: Wie kommt es, daß Sie relativ autonom arbeiten können?

FM: Freiraum muß man sich auch erarbeiten. Aber im großen und ganzen ist es bei uns nicht so wie bei anderen US-Majors. Solange es keine kapitalen Katastrophen gibt, höre ich relativ wenig aus Burbank. Ich rufe dort auch selten an.

"Große Verleihe können kleine Filme schützen"

BF: Sie scheinen immer mehr auf jenen Weiden zu grasen, die bisher kleinen oder alternativen Verleihern vorbehalten waren.

FM: Durchaus. Ich glaube, daß ein großer Verleih oft mehr für kleine Filme tun kann als ein kleiner Verleih. Aber ich würde auch mit denen zusammenarbeiten, ich muß das gar nicht alles selber haben. Die sollen Filme akquirieren und sie betreuen wie bisher, und wir verleihen sie. Das hätte Vorteile bis hin zum Buchen von Inseraten, da zieht der Name Buena Vista einfach mehr.

BF: Das ist eine Idee, die nicht gut ankommen wird.

FM: Ich weiß. Als ich es versucht habe, hat man mir den Vogel gezeigt. Aber ich komme selber aus einem kleinen Verleih - ich weiß, daß das auf lange Sicht nicht machbar ist.

BF: Wie sehen Sie die Aussichten für 1998?

FM: Wir haben zwar keine ["Titanic"](/movie/titanic_a), aber wir haben auch 1998 schon mehr als eine Million Zuschauer. Es wäre unfair, bei 60 Filmen ein paar hervorheben zu wollen. Aber ich rechne stark mit ["Flubber"](/movie/flubber), ["Armageddon"](/movie/armageddon-das-juengste-gericht) und Brian De Palmas ["Snake Eyes"](/movie/spiel-auf-zeit). Und es wird eine österreichische Fassung von "Arielle, die kleine Meerjungfrau" geben, von der ich mir viel verspreche.

Ferdinand Morawetz, Geschäftsführer Buena Vista Austria, im Interview