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Film

Filmhighlights im Hauptprogramm

Politischer Blick auf die Welt

mk20.09.2005 14:58
Hany Abu-Assads "Paradise Now" erzählt die Geschichte zweier Selbstmordattentäter
Hany Abu-Assads "Paradise Now" erzählt die Geschichte zweier Selbstmordattentäter

Eröffnet wird mit Doris Dörries wunderschönem Märchen "Der Fischer und seine Frau", auf dessen Europa-Premiere Albert Wiederspiel besonders stolz ist. Aber auch das darauf folgende Hauptprogramm mit insgesamt 40 Filmen sollte beim Publikum keinen Wunsch offen lassen. Vor allem Hany Abu-Assads "Paradise Now" (Constantin, 29. September) dürfte für Irritationen sorgen. Seine Betrachtung zweier palästinensischer Selbstmordattentäter vermittelt ihren politischen Wahn, aber auch ihre persönlichen Zweifel und den psychologischen Druck, unter dem sie stehen. Ohne zu große Polemik und Dämonisierung entwickelt er das Bild eines Nahostkonflikts, dessen Lösung wohl noch in weiter Ferne liegt. In derselben Region spielt Amos Gitais "Free Zone". Der Israeli begleitet drei unterschiedliche Frauen auf ihrer Reise in die freie Zone im Osten von Jordanien, wo es weder Steuern noch Zoll gibt und Iraker, Syrier und Israeli regen Autohandel betreiben. Nicht nur ein Film über Pragmatismus in Zeiten des Kriegs, sondern auch über weibliche Solidarität und den Mut zum Leben. Hiner Saleems "Kilomètre Zero", ein braves Antikriegsmärchen, ist ebenfalls im Krisengebiet angesiedelt, im Iran-Irak-Krieg 1988. Um ihre irrwitzige Situation sind die Hauptfiguren nicht zu beneiden: "Unsere Vergangenheit ist traurig, unsere Gegenwart ist tragisch, aber wenigstens haben wir keine Zukunft", so der deprimierende Kommentar. Ein überraschendes Israel-Bild zeichnet Shiri Shahar in "The First Zíonist Bunney". Als 2003 der "Playboy Channel" seine Sendetätigkeit in Israel aufnahm, bewarben sich 600 Mädchen um den Moderatorinnen-Job. Shahar begleitet die Finalistinnen und gewährt Einblick in Familie, Geschlechterrollen, Religion und Politik. Verstörung weckt Lars von Trier. Im zweiten Teil seiner Amerika-Trilogie, "Manderlay", geht es um die Unfähigkeit des Menschen zur Freiheit, eine Parallele zum "Nation Building" im Nahen Osten. Eine zynisch-provokative Parabel. Ebenfalls aus Dänemark kommt "Flies on the Wall". Ake Sandgren inszeniert einen Politthriller, der die heile nordische Welt mit Bilderbuchhäuschen und gepflegten Gärtchen als Farce entlarvt. Jeder der anständigen Bürger scheint in einen Korruptionsskandal verwickelt zu sein. Da bröckelt es gewaltig! Vom Hobbit zum Hooligan wandelt sich Elijah Wood in Lexi Alexanders "Hooligans". Die gebürtige Deutsche greift auf eigene Erfahrungen aus der Hooligan-Szene Mannheims zurück und zeigt eine brutale Realität mit Kampftrinken, Prügeleien und Schlachtgesängen, in der aber auch so etwas wie Freundschaft und Zusammenhalt existiert. Einen Dokumentarfilm der ganz besonderen Art präsentiert die aus Kuba stammende Regisseurin und Produzentin Marilyn Agrelo mit "Mad Hot Ballroom" (X Verleih, 27. Oktober). Sie beobachtet drei New Yorker Schulklassen bei dem Projekt "Dancing Classrooms". Schüler aus schwierigen sozialen Verhältnissen nehmen die Herausforderung an und lernen das "Ballroom Dancing", trainieren fürs Finale, lernen, die Zähne zusammenzubeißen und ein Ziel zu verfolgen. Rhythm is it! Der Independent-Hit gewann zahlreiche Publikumspreise und gehört zu den zehn erfolgreichsten Dokumentarfilmen des US-Kinos.

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