Blickpunkt:Film

Festival

Blickpunkt:Film: In wenigen Wochen beginnt das erste Filmfest Hamburg unter Ihrer Leitung. Wie zufrieden sind Sie mit Ihrem ersten Festival?

Albert Wiederspiel: Ich bin mit der Filmauswahl und Zusammenstellung sehr zufrieden. Ich wollte ein breites Programm anbieten vom Kunst- bis zum Kommerzkino, diesen breiten Bogen zu spannen, ist, glaube ich, gut gelungen. Die Verleiher waren extrem kooperativ und solidarisch - vielen Dank dafür. Wir haben im Großen und Ganzen die Filme bekommen, die wir haben wollten.

BF: Was sind die Hauptunterschiede zum Filmfest der vergangenen Jahre?

AW: Die Hauptveränderung ist die Konzentration auf eine Festivalmeile in der Innenstadt. Die große Neuigkeit ist der allabendliche Filmtalk im Logensaal der Hamburger Kammerspiele: Wir bitten die Regisseure an dem Abend, an dem ihr Film gelaufen ist, ihre Arbeit dem Publikum vorzustellen. Neu ist auch das KinderFilmfest; außerdem, dass wir am Wochenende starten und einen Tag länger laufen, von Freitag bis Freitag, sodass wir die erfahrungsgemäß besucherstärksten Tage am Anfang haben.

BF: Wie stellt sich aus Ihrer Sicht die Qualität des Filmjahrs 2003 dar? Im Allgemeinen heißt es, dieser Jahrgang sei eher schlecht, Venedig hat jedoch ein erstaunlich gutes Programm...

AW: Es ist tatsächlich nicht so, dass wir in Meisterwerken geschwommen sind. Auffallend ist - das sieht man auch an unserem Programm -, das bestimmte Länder besonders starke Filme machen. Dänemark hat im Moment eine extrem starke Produktion, sowohl quantitativ als auch qualitativ; es ist das Land, das bei uns am stärksten vertreten
ist. Wir haben wunderbare Filme aus Ungarn, Israel und dem Iran, für die gibt es in Hamburg ja fast eine Tradition. Weniger spannend sind in diesem Jahr die Filme aus den USA, Italien und Spanien.

"Der Trend geht zum Persönlichen, Familiären"

BF: Waren bestimmte Festivals eine besonders ergiebige Quelle für das Filmfest Hamburg?

AW: Der Markt in [Cannes](/company/festival-de-cannes) war die wichtigste Quelle. Sehr ergiebig sind aber auch kleine nationale Festivals. Beispielsweise brachte Kathrin Kohlstedde aus dem tschechischen Pilzen einige Filme mit.

BF: Herrschen dieses Jahr bestimmte Themen vor?

AW: Wenn ich bei den Hunderten von Filmen, die wir gesichtet haben, einen Trend sehe, ist es der zum Persönlichen, zum Familiären, zum Kleinen. Es gibt mehr persönliche als gesellschaftliche Dramen. Das große politische Kino findet derzeit nicht statt.

BF: Wie steht es in diesem Jahr mit dem deutschen Film beim Filmfest Hamburg?

AW: Wir haben deutsche Filme im Programm. Ich hätte mir mehr gewünscht, aber das Angebot war mager. Der in Hamburg ansässigen Branche wollen wir dennoch ein Forum bieten: Wir zeigen in der kleinen Sektion "Moin, Moin" Hamburger Filme, dabei bestehen wir auch ausnahmsweise nicht auf der Uraufführung.

BF: Zumal die TV-Reihe geöffnet wurde und erstmals unter dem Titel "TV-Spielfilme im Kino" auch Filme zeigt, die nichts mit Hamburg zu tun haben.

AW: Das, was wir bei den deutschen Kinofilmen nicht hatten, haben wir bei der TV-Sektion: Wir sind zugeschüttet worden mit Angeboten und zeigen nun 14 Filme exzellenter Qualität.

BF: Wie ist es in diesem Jahr um den Filmnachwuchs im Programm bestellt?

AW: Der Filmnachwuchs hat eine Tradition in Hamburg. Auch 2003 zeigen wir sehr viele Debütfilme, sie machen 20 bis 30 Prozent des Programms aus.

BF: Die Stadt Hamburg hat trotz Sparzwang den Etat des Filmfestes nicht gekürzt.

AW: Unser Etat ist schon jetzt ein absolutes Minimum, der Kulturbehörde ist klar, dass man es für weniger nicht machen kann. Viel schwieriger ist die Sponsorensituation. Wir haben dennoch gutes Geld generiert. Wir bekommen von der Kulturbehörde 576.000 Euro, dazu hatte ich - dank Josef Wutz - einen Überschuss aus den letzten Jahren, wir haben unsere Karteneinnahmen und die Sponsorengelder. Wir kommen insgesamt auf um die 800.000 Euro. Das ist im Vergleich zu anderen Filmfesten extrem wenig.

BF: Will das Filmfest auch weiterhin der Branche etwas bieten?

AW: Das Filmfest Hamburg will ein Maximum an Branchenvertretern anlocken. Es gibt ein Rahmenprogramm, das so breit ist, dass es sich für die Branche lohnen wird, nach Hamburg zu kommen, u.a. mit Veranstaltungen der [FilmFörderung Hamburg](/company/filmfoerderung-hamburg), von [MEDIA Desk](/company/creative-europe-desk-hamburg), EFP, [BVV](/company/bvv-bundesverband-audiovisuelle-medien) und Empfängen von [ARD](/company/ard-pressestelle)/[Degeto](/company/degeto-film) und [ZDF](/company/zdf-zweites-deutsches-fernsehen). Den Aspekt des Branchentreffs will ich in Zukunft noch verstärken.

BF: Sie erwähnten schon verschiedene Reihentitel, demnach haben Sie sich vom Farbensystem des Josef Wutz verabschiedet?

AW: Ich persönlich konnte damit nicht viel anfangen. Wir haben jetzt ein Hauptprogramm, das den aktuellen Stand der Branche abbilden will. Außerdem die Sonderreihen "eurovisuell", "DVD - Die vierte Dimension", "TV-Spielfilme im Kino", das KinderFilmfestival, das Bitfilm-Festival und ein Sonderprogramm mit und um die dänische Schauspielerin [Asta Nielsen](/person/asta-nielsen), die in Deutschland große Erfolge feierte.

Albert Wiederspiel über sein erstes Filmfest Hamburg