Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Die Dreharbeiten zu "Signs" begannen zwei Tage nach dem 11. September 2001. Dachten Sie nicht an eine Verschiebung?

Frank Marshall: Natürlich diskutierten wir diese Möglichkeit. Das Studio hatte uns die Entscheidung freigestellt, ob wir planmäßig anfangen wollten. Aber das Filmteam war sich einig: Wenn wir uns jetzt aufhalten lassen, dann ist es so, als hätten die anderen gewonnen.

BF: Wie verlief die Produktion unter diesem Vorzeichen?

FM: Anfänglich herrschte verständlicherweise eine sehr gedrückte Stimmung. Andererseits passte das für die ersten Szenen, die wir drehten, den hoch emotionalen Flashback mit Graham Hess ([Mel Gibson](/person/mel-gibson)) und seiner Frau. Aber insgesamt war der Dreh harmonisch. Night ist ein Regisseur, der genau weiß, was er will. Deshalb verlief alles geordnet und effizient.

BF: Im Gegensatz zu "Die Bourne Identität".

FM: Das war das genaue Gegenteil. Das begann schon damit, dass wir zu Beginn des Drehs kein fertiges Skript hatten.

BF: Was aber wohl nicht das einzige Problem war.

FM: Zum Chaos trug auch die Arbeitsweise von Regisseur [Doug Liman](/person/doug-liman) bei. Er kommt aus der Independent-Szene, wo du flexibel arbeitest und improvisierst, weil du nicht genau weißt, was du brauchst. Immer wieder passierte es, dass wir alles für einen Drehort vorbereitet hatten, und als wir ankamen, änderte Liman die Pläne. Bei einer Studioproduktion dieses Umfangs ist so etwas fatal.

BF: Worin bestand dann Ihre Rolle?

FM: Universal holte mich, als die Dreharbeiten schon angefangen hatten, weil ein anderer Produzent ausgestiegen war. Zum einen versuchte ich, Ordnung in die ganze Organisation zu bringen, zum anderen arbeitete ich als kreativer Produzent eng mit Autor Tony Gilroy zusammen.

BF: Würden Sie nach diesen Erfahrungen wieder einen Film mit Doug Liman machen?

FM: Sicher. Das hängt nur vom Drehbuch ab.

"Seabiscuit" mit Tobey Maguire und Jeff Bridges

BF: Bei unserem  kündigten Sie [Gary Ross"](/person/gary-ross) Film über das Rennpferd "Seabiscuit" an. Wie steht es damit?

FM: Wir fangen im Oktober an zu drehen. Garys Drehbuch ist fertig. Mit [Tobey Maguire](/person/tobey-maguire) und [Jeff Bridges](/person/jeff-bridges) haben wir eine hervorragende Besetzung. Momentan sind wir auf Motivsuche.

BF: Dann wollen Sie noch Regie bei einem Biopic über Django Reinhardt führen. Hat so ein Stoff heute im Kino noch Chancen?

FM: Ich habe eine solche Leidenschaft für dieses Projekt, dass ich davon überzeugt bin. Das ist eine überwältigende Geschichte vom Triumph des menschlichen Geistes. Für mich war Django Reinhardt so etwas wie der Elvis seiner Zeit. Bei diesen Voraussetzungen muss ein Film im Kino funktionieren. Mit [Janus Cercone](/person/janus-cercone) schreibt eine Autorin am Drehbuch, die das genauso sieht.

BF: Wird das eine Großproduktion wie "Signs"?

FM: Nein, das Ganze ist eher wie ein kleiner Independent-Film. Deshalb werden wir alle bei unseren Honoraren Abstriche machen. Trotzdem brauchen wir einen zugkräftigen Hauptdarsteller. [Johnny Depp](/person/johnny-depp) wäre die offensichtliche Wahl. Aber ich will mir noch einige andere neue Schauspieler ansehen.

BF: Und wenn es damit doch nicht klappt?

FM: Wir werden Universal zwei Regieprojekte für mich vorschlagen. Das eine ist eben "Django", das andere ein großes Actionabenteuer mit dem Titel "Andrews" Raiders". Das handelt von einem Nordstaaten-Spion zur Zeit des Bürgerkriegs, der einen Zug der Konföderierten stiehlt. Und eines davon wird wohl zustande kommen. Außerdem muss ich mir die Zeit für 2004 freihalten, wo wir "Indiana Jones" drehen wollen.

BF: Wann erwarten Sie die erste Drehbuchfassung?

FM: Ich würde sagen, Anfang 2003 ist realistisch.

BF: Wird darin noch etwas von den Entwürfen aus den letzten 13 Jahren verwendet?

FM: Nein. [Frank Darabont](/person/frank-darabont) hat komplett neu angefangen. Seine einzige Grundlage ist eine Geschichte, die [George Lucas](/person/george-lucas) entwickelt hat.

BF: Sind [Spielberg](/person/steven-spielberg) und Sie bei der Ideenfindung beteiligt?

FM: Wir besprechen uns, aber George spielt hier eindeutig die Führungsrolle.

BF: War Darabont ("[Green Mile](/movie/the-green-mile)") die offensichtliche Wahl?

FM: Aus meiner Sicht schon. Er arbeitete mit George schon bei "Young Indiana Jones" zusammen, und kommt gut mit uns allen klar.

BF: Versucht der vierte Teil, die Erfolgsformel zu variieren, oder bleibt es beim Bewährten?

FM: Was sich definitiv ändert, ist der Zeitraum der Geschichte. Da [Harrison](/person/harrison-ford) nun mal älter geworden ist, wird auch die Handlung zu einem späteren Zeitpunkt spielen als die bisherigen Filme. Sonst aber bleiben wir im Ton und Stil der ersten Trilogie treu. Eine 180-Mio.-Dollar-Produktion wird daraus sicher nicht.

Frank Marshall zu "Signs" und "Die Bourne Identität"