Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Wie kamen Sie mit dem Leistungsdruck der ersten Dreamworks-Produktion zurecht?

Mimi Leder:Ich gehe in ein solches Projekt nicht mit dem Gefühl einer drohenden Niederlage. Diesem Druck muß man positiv begegnen und sich auf das Wesentliche konzentrieren. Und das ist die Filmhandlung.

BF: Warum fiel die Wahl auf Sie?

ML: Steven Spielberg, dessen Firma "E.R." produziert, war auf meine Arbeit aufmerksam geworden. Er rief einfach an und sagte so in etwa: "Ich habe einen großen Actionfilm, der in verschiedenen Ländern und Sprachen gedreht wird. Ich will, daß Du ihn machst." Ich fragte ihn: "Warum gerade ich?" Seine Antwort machte mir Mut: "Das machst Du jeden Tag bei 'E.R.'." Als Debüt wollte ich sowieso keinen Film über drei Charaktere machen, der dann von ebensovielen Leuten gesehen wird.

BF:Das sich hartnäckig, daß Frauen und Action nicht zusammenpassen. Wie stehen Sie dazu?

ML: Aber nur, weil Frauen bisher wenig Gelegenheit hatten, sich zu beweisen. Dreamworks haben mich ja wegen meinen Fähigkeiten und nicht wegen meines Geschlechts engagiert. Ich bin nun mal eine Frau und bringe eine weibliche Sichtweise in meine Filme ein.

BF:Hat der Film dadurch mehr Menschlichkeit als andere seines Genres

ML: Ich hoffe sehr. Die größte Herausforderung für mich war, das menschliche Element gegenüber der Action zu behaupten. Ich versuchte, mich insbesondere in den Antagonisten hineinzufühlen. Dusan hat ja einen guten Grund für seine geplante Tat. Seine Frau und Tochter wurden vor seinen Augen in Sarajewo erschossen. Wir wollten den Terrorismus nicht tabuisieren, sondern seine Beweggründe zeigen. Er sollte kein Cartoon-Bösewicht werden, wie man sie aus so vielen Actionfilmen kennt.

BF:Haben Sie sich von bestimmten Actionfilmen beeinflussen lassen?

ML:Ich schaute mir "Der Schakal", "Crimson Tide" und "Leon - Der Profi" an. Beim Dreh konzentrierte ich mich aber auf meine eigene Perspektive.

BF:Wie haben Sie sich auf Ihr Leinwand-Debüt vorbereitet?

ML:Die Vorbereitung zog sich über viele Monate hin. Ich arbeitete an den verschiedenen Drehbuchfassungen mit, reiste um die Welt, um die verschiedenen Drehorte kennenzulernen, schrieb zu Hause wieder am Drehbuch.Danach plante ich vor Ort meine technischen Einstellungen mit der technischen Crew.

BF:Sie drehten in New York, Österreich, Kroatien, Mazedonien und der Slowakei. Wo gestaltete es sich am schwierigsten?

ML:Ganz klar in New York, wo wir anfingen. Wir mußten die Straßen von Manhattan mittags absperren. Sie können sich vorstellen, daß die New Yorker das nicht besonders gerne hatten. Die Menschenmengen, der Verkehr und der Lärm waren ein logistischer Alptraum. Meine TV-Ausbildung kam mir beim Improvisieren sehr zugute. Ich habe gelernt, im Laufen nachzudenken und Entscheidungen zu fällen.

BF: George Clooney kennen Sie seit der ersten "E.R."-Episode. Verlief die Zusammenarbeit diesmal anders?

ML:Ja, "E.R." ist mehr eine Ensemble-Leistung. George hat sich emotional stark auf die Rolle des Tom Devoe vorbereitet. Er sprach mit Militärprofis, tat alles, um nicht als Dr. Ross rüberzukommen. Ich wußte, daß George Tiefe besitzt. Der Erfolg der letzten Jahre hat ihm Selbstbewußtsein gegeben.

BF: Auch für Clooney war der Druck groß. Knallte es auch mal zwischen Ihnen?

ML:Na klar, ich habe ihn k.o. geschlagen. Nein, Georges Instinkten als Schauspieler vertraue ich vollkommen. Ein Schauspieler wird zu seinem Charakter und sagt dann aus dieser Sicht, ob er bestimmte Dinge tun würde oder nicht.

BF: Worum geht es in Ihrem nächsten Dreamworks-Projekt "Deep Impact"?

ML: Der Film stellt die Frage, wie man sein Leben verändern würde, wenn die Erde durch einen Kometenaufprall in sechs Monaten unterginge. Mit dabei sind Morgan Freeman, Robert Duvall, Vanessa Redgrave, Maximillian Schell, Tea Leoni und Jon Favreau. Das Projekt hat etwas von "Das letzte Ufer". Danach will ich "Sentimental Journey" drehen. Es ist die Geschichte meines Vaters, der als Mediziner in General Pattons Armee meine Mutter, eine Überlebende aus Auschwitz, kennenlernte. Mein Bruder überarbeitet gerade die Geschichte.

"Das menschliche Element gegenüber Action behaupten'