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Kino

Blickpunkt:Film: Von "[Stadt der Engel](/movie/stadt-der-engel)" der fünfziger Jahre ins 14. Jahrhundert ist es ein langer Weg.


Brian Helgeland: Nach einer Ellroy-Adaption und einem Thriller wollte ich etwas ganz anderes machen und mich in keine Schublade pressen lassen.


BF: Hat man denn bei einem im weitesten Sinn historischen Stoff mehr künstlerische Freiheiten als bei einem zeitgenössischen?


BH: Natürlich. Speziell im Fall von "Ritter aus Leidenschaft". Hier habe ich "mein" Mittelalter rekonstruiert, das keinen Anspruch auf Richtigkeit erhebt. Ich konnte entscheiden, wie die Gebäude auszusehen haben, was im Bildhintergrund passiert. Das war auch etwas, was mich am Stoff besonders gereizt hat. Bei heutigen Filmen muss man sich an alle möglichen Vorgaben und Gegebenheiten halten, wenn man mit Produzenten und Publikum keinen Ärger bekommen möchte.


BF: Aber dennoch unterscheidet sich "Ritter aus Leidenschaft" von klassischen Ritterfilmen.


BH: Das wollte ich auch. Während es bei den klassischen Mantel- und Degenfilmen um große Dinge geht, interessiere ich mich hier für eine kleine Geschichte: die eines abenteuerlustigen Junkers, der ein Ritter werden will.


BF: Was ist der Vorteil?


BH: Das Publikum kann sich besser in den Helden, den Sohn eines Dachdeckers, als z. B. in König Artus hineindenken. Kino hat schließlich viel mit Identifikation zu tun. Meine Theorie lautet: Je näher man sich dem Helden fühlt, desto besser funktioniert der Film.


BF: Deswegen haben Sie Hits aus unserer Zeit - wie "We Will Rock You" als musikalischen Kommentar eingebaut ?


BH: Obwohl mein Film im Jahr 1372 angesiedelt ist, hat er für den Zuschauer hohen Wiedererkennungswert. Bei meinen Ritterturnieren geht es zu wie bei einem heutigen Football-Spiel. Ich will keine musealen Werte zur Schau stellen, sondern zeitgenössische Unterhaltung liefern.


BF: Sie haben Ihren Film geschrieben, inszeniert und produziert.


BH: Für mich ein großer Vorteil. So hat man ein Höchstmaß an künstlerischer Freiheit. In Hollywood gibt es einen alten Spruch, der viel Wahrheit beinhaltet: Ein Autor wird nur aus reiner Selbstverteidigung zum Regisseur. Und das stimmt. Will man, dass der eigene Stoff entsprechend umgesetzt wird, bleibt einem eigentlich nichts anderes übrig, als selbst Regie zu führen.


BF: Wo lagen die größten Schwierigkeiten beim Drehen?


BH: Bei den Kampfszenen. Sie waren sehr kompliziert zu choreografieren und wir mussten ewig proben, bis alles saß. Aber Heath Ledger ist ein Bewegungstalent und hat eine enorme Körperbeherrschung. Am langweiligsten, weil langwierigsten, waren die Lanzenduelle, die Schlüsselmomente des Films.


BF: Sie haben bei den Lanzenduellen fast immer die gleichen Kamerastandpunkte gewählt und nicht die heutigen technischen Möglichkeiten eingesetzt.


BH: Das war eine ganz bewusste Entscheidung. Ich wollte die Duelle aus dem Blickwinkel der Zuschauer zeigen, den Kämpfen eine Art dokumentarischen Charakter verleihen. Wir haben uns lediglich eine Steadicam für Fahrtaufnahmen aus der Vogelperspektive geleistet.


BF: Dafür splittern die Lanzen höchst pittoresk.


BH: Dieses Lob geht an die Spezialeffekte-Abteilung. Sie hat die Lanzenspitzen, die weitestgehend aus Balsaholz bestanden, ausgehöhlt und mit Linguini gefüllt. Weil diese Nudeln leicht sind, blieben sie nach dem Splittern der Lanzen länger in der Luft, was dann auf der Leinwand gut aussieht. Auch Sony war mit dieser Lösung äußerst zufrieden. Dadurch konnte man jede Menge teure CGI-Kosten sparen.


BF: Apropos, wie hoch war das Budget?


BH: Die Nudeln haben rund 300 Dollar gekostet, der ganze Film 40 Mio. Das ist für einen Sommerfilm dieser Größenordnung relativ wenig Geld. Bei "[Tomb Raider](/movie/lara-croft-tomb-raider)" hat man wahrscheinlich allein für die Werbekampagne so viel ausgegeben.

Lanzenspitzen mit Linguini gefüllt


BF: Wo wurde Geld gespart?


BH: Wir haben einen Großteil des Films in Tschechien, in und um Prag sowie in den Barrandov-Studios gedreht, was enorm kostengünstig war. Außerdem haben wir auf teure Superstars verzichtet. Ganz bewusst, denn ich wollte Heath Ledger von Anfang an besetzen.


BF: Würden Sie ihn auch für Ihr geplantes "[Moby Dick](/movie/moby-dick)"-Remake verpflichten?


BH: Unbedingt. Aber bis jetzt fehlen mir für diesen Stoff noch die Geldgeber. Mein nächster Film, zu dem ich nur das Drehbuch geschrieben habe, ist ein knallhartes Copmovie mit [Clint Eastwood](/person/clint-eastwood) in der Hauptrolle.

Brian Helgeland zu "Ritter aus Leidenschaft"