Blickpunkt:Film

Kino

Blickpunkt:Film: Was ist für Sie ein "wertvoller" Film?


SW: Ein Film, der von Inhalt und Gestaltung, also auch Kamera, Darsteller oder Musik im Sinne des Themas eine Einheit bildet.


BF: Welche Relevanz hat die Prädikatisierung nach dem Wegfall der Vergnügungssteuer in den meisten Ländern?


SW: Neben der erleichterten Referenzfilmförderung gibt es noch andere Gründe für die Antragsteller. Die Prädikate sind eine Werbung und heben die Produkte hervor. Dazu kommt eine gewisse Orientierung für das Publikum, auch wenn das vielleicht nicht so messbar ist.


BF: "Besonders wertvoll" und "wertvoll", das hört sich pädagogisch und moralisch an.


SW: Die Begriffe stammen aus dem Jahr 1950 und beziehen sich nur auf die inhaltlichen und gestalterischen Bereiche des Films, haben nichts mit Moral, Ethik oder Glauben zu tun und schon mal gar nichts mit Pädagogik. Und wenn sie provozieren, umso besser, dann setzt man sich mit ihnen auseinander.


BF: Die Prüfung kostet 1,60 Mark pro Meter Film. Ist das nicht etwas viel für kleine Produktionen?


SW: Nicht der kleine Produzent, der aus dem letzten Loch pfeift, wird zur Kasse gebeten. Normalerweise stellen Verleiher die Anträge und die geben einige 100.000 Mark für Werbung aus, da fallen 2000 bis 3000 Mark nicht so ins Gewicht.


BF: Die Bewertungen wirken oft subjektiv.


SW: Der Anspruch der Objektivität wurde nie erhoben. Bei der FBW entscheiden fünf Beisitzer, im Hauptausschuss sogar sieben Leute über das Prädikat im Gegenteil zum Filmkritiker, der allein in seinem Stübchen urteilt. Sie müssen gemeinsam einen Konsens finden. Wichtig ist, dass nur innerhalb der Gattungen zu werten ist und am Anspruch, den der Film an sich selbst stellt. Wenn jemand eine große Autoverfolgungsjagd inszeniert, für die er eigentlich kein Geld hat und die dann noch schlecht ist, kann man ihm das schon ankreiden. Man kann natürlich keinen "Bond" mit einem "Hamlet" vergleichen. Eine Genre-Einteilung ist immer eine willkürliche. Aber man kann vom Oberbegriff ernsthafter Problemfilm bis zum Unterhaltungsfilm Unterkategorien einführen.


BF: Für Irritationen sorgte das "bsonders wertvoll" für "[Rambo 1](/movie/rambo-best-of-cinema)".


SW: Es gibt so alle zehn Jahre mal einen großen Skandal, es sind aber nicht die gleichen Gruppen, die schreien. Man muss genau prüfen, aus welcher Ecke die Kritik kommt und ob sie berechtigt ist. Bei "Rambo" meldete sich eine ganz unterschiedliche Klientel zu Wort.


BF: Was war der größte Streit?


SW: Der Skandal um [Martin Scorseses](/person/martin-scorsese) "[Die letzte Versuchung Christi](/movie/die-letzte-versuchung-christi)" mit dem Prädikat "besonders wertvoll" ist das größte öffentliche Manöver, an das ich mich erinnern kann. Da kriegten wir Schläge ab von Leuten, die den Film noch gar nicht gesehen hatten. Der Druck auf uns begann schon sehr früh im Vorfeld.


BF: Über die Jahre erhalten 30 Prozent der eingereichten Langfilme und 33 Prozent der Kurzfilme kein Prädikat, ist das eine Art Normalkurve?


SW: Der Prozentsatz schwankt nach dem Filmangebot eines Jahres. Bei uns taucht nur ein Teil des Marktangebots auf. Wenn wir auf eine Schnittzahl von ca. 170 Filmen pro Jahr kommen, steht uns das Doppelte an Ur- und Erstaufführungen gegenüber. Da gibt es schon eine Selektion durch den Antragsteller. Wenn also von der Hälfte des Gesamtangebots ein Drittel ohne Prädikat bleibt, liefern wir den Beweis, dass hier nicht fahrlässig oder gefällig Prädikate vergeben werden. Das spricht doch für den Wert der Prädikatisierung.


BF: Wo sehen Sie die FBW in zehn Jahren?


SW: Ich würde mir eine behutsame Reformierung in bestimmten Bereichen wünschen, was sicherlich vor dem Hintergrund, dass 16 Länder mitbestimmen, sehr schwierig ist. Beispielsweise bei der Definition von "besonders wertvoll" und "wertvoll", also einem Ersatz der Begriffe. Zum anderen würde eine zahlenmäßige Reduzierung der 53 Beisitzer die Effizienz steigern. Jeder von ihnen ist ein- bis zweimal im Jahr in Wiesbaden, was die Kommunikation erschwert und die Spruchpraxis auch nicht erleichtert in puncto Kontinuität. Früher war es eine Ehre, heute suchen die Länder verzweifelt Leute. Ich hoffe, dass man in Zukunft das Ehrenamt wieder mehr schätzt und mit seiner Bedeutung auch die Wichtigkeit der Qualifikation erkennt.

Verwaltungsdirektor Steffen Wolf zu 50 Jahre FBW